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Darf Check24 Versicherungen mit Tarifnoten bewerten? EuGH stärkt Vergleichsportale – vorerst

Vergleichsportale wie Check24 gehören inzwischen zum festen Bestandteil der digitalen Welt. Sie helfen Verbrauchern dabei, Tarife und Konditionen verschiedenster Anbieter zu vergleichen – auch bei Versicherungen. Doch wie objektiv darf ein solches Portal dabei agieren? Und insbesondere: Kann eine Bewertung in Schulnotensystemen rechtlich problematisch sein? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat hierzu nun eine aufsehenerregende Entscheidung getroffen, die Auswirkungen auf Verbraucher, Versicherer und Anbieter digitaler Vergleichsdienste haben könnte.

Hintergrund: Streit um Check24-Tarifnoten
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Darstellung von sogenannten „Tarifnoten“ durch das Vergleichsportal Check24. Kunden konnten dort nach Eingabe ihrer Daten verschiedene Versicherungsangebote sortiert nach Preis, Leistung und eben auch einer Note im Schulnotensystem (1,0 – „sehr gut“ bis 4,0 – „ausreichend“) einsehen. Die HUK-Coburg, eine bekannte deutsche Versicherung, beanstandete diese Praxis. Ihrer Meinung nach handele es sich um unzulässige Werbung, da die Bewertungen keine objektiven Kriterien widerspiegelten und Verbraucher möglicherweise in die Irre geführt würden.

Entwicklung des Verfahrens
Ursprünglich wurde die Klage vor dem Landgericht Köln eingereicht. Dieses erkannte teilweise einen Verstoß durch das Portal und veranlasste Änderungen bei der Darstellung. Später dehnte sich die Auseinandersetzung auf andere Versicherungssparten aus. Die HUK-Coburg forderte Unterlassung und Schadensersatz. Der Fall wurde schließlich an das Landgericht München I abgegeben. Dieses wiederum legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vor: Handelt es sich bei der Bewertung von Drittanbietern durch ein Vergleichsportal um „vergleichende Werbung“ im Sinne der EU-Richtlinie?

Rechtliche Einschätzung des EuGH
Der EuGH entschied, dass Check24 kein Mitbewerber der HUK-Coburg sei – ein entscheidender Punkt. Denn vergleichende Werbung liegt nur dann vor, wenn zwei Unternehmen im gleichen Markt konkurrieren. Da Check24 keine eigenen Versicherungen verkauft, sondern lediglich als Vermittler auftritt, vergleiche es Produkte anderer Anbieter, ohne selbst gleichartige Leistungen anzubieten. Nach Auffassung des Gerichts agiert Check24 daher in einem anderen Marktsegment: es bietet Vermittlungs- und Informationsdienstleistungen, keine Versicherungsleistungen im engeren Sinne.

Wichtige Klarstellung: Kein Mitbewerberverhältnis
Die Luxemburger Richter betonten, dass ein Mitbewerber nur ist, wer eine funktional austauschbare Leistung erbringt. Da Check24 bei Versicherungsvergleichen nur als Makler fungiert und über eine Provision vergütet wird, besteht kein unmittelbares Konkurrenzverhältnis zu klassischen Versicherern wie der HUK-Coburg. Daher können auch die Bewertungsanzeigen auf dem Portal nicht automatisch als verbotene vergleichende Werbung eingestuft werden.

Praktische Konsequenzen für Verbraucher
Für Nutzer solcher Vergleichsportale bedeutet die Entscheidung zunächst einmal: Die Bewertungssysteme bleiben erlaubt – zumindest vorläufig. Es liegt nun am Landgericht München I, die Sache abschließend zu beurteilen. Klar ist allerdings, dass Verbraucher weiterhin auf leicht verständliche Vergleichsinformationen zugreifen können. Transparenz bleibt somit ein zentrales Element bei der Auswahl von Versicherungsangeboten im Internet.

Was bedeutet das für andere Anbieter?
Auch für Betreiber von Vergleichsportalen oder Online-Dienstleistern, die Bewertungen einsetzen, ist das Urteil wegweisend. Es zeigt, dass der Betrieb solcher Portale in einem regulierten, aber grundsätzlich erlaubten Rahmen möglich ist – vorausgesetzt, dass keine eigene Produktvermarktung betrieben wird, sondern die Neutralität gewahrt bleibt. Unternehmer sollten dennoch darauf achten, dass Bewertungsmaßstäbe nachvollziehbar und transparent dargestellt sind, um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Fazit: Rechtlicher Rahmen bleibt dynamisch
Der Beschluss des EuGH schafft mehr Klarheit im Umgang mit Bewertungsmechanismen. Dennoch bleibt das Wettbewerbsrecht im digitalen Umfeld weiterhin ein sensibles Thema. Die endgültige Entscheidung im konkreten Fall trifft das Landgericht München I – bis dahin gilt die Einschätzung aus Luxemburg als wichtige Orientierung.

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