Der Begriff „biobasiert“ klingt für viele Verbraucher zunächst nach Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Doch nicht immer steckt hinter solchen Werbeaussagen auch, was man erwarten würde. Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin zeigt, wie schnell grüne Werbebotschaften als irreführend eingestuft werden können – mit Folgen für Hersteller und Händler. Lesen Sie hier, was das Urteil für Verbraucher und Unternehmen bedeutet.
Verbot für irreführende Werbeaussage
Das pflanzenbasierte Getränk „vly“ der VF Nutrition GmbH warb auf seiner Verpackung mit dem Hinweis „Verpackung und Deckel sind biobasiert“. Diese Formulierung vermittelte den Eindruck, dass die gesamte Verpackung aus umweltfreundlichen, nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sei. Tatsächlich war das aber nur zu etwa 82 Prozent der Fall – der Rest bestand weiterhin aus fossilen Materialien.
Ein kleiner Hinweis auf einen weiterführenden Link im Internet sollte die genaue Zusammensetzung erläutern. Doch das genügte dem Kammergericht Berlin nicht. In seinem Urteil vom 21. Januar 2025 (Az. 5 U 103/22) entschied es klar: Diese Art der Werbung sei irreführend und damit wettbewerbswidrig. Die Kennzeichnung auf der Verpackung erzeuge ein falsches Bild beim Verbraucher und verstoße gegen geltendes Lauterkeitsrecht.
Wie Werbung mit Begriffen wie „biobasiert“ wirkt
Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, was Verbraucher unter dem Begriff „biobasiert“ verstehen dürfen. Der Senat stellte klar: Es handelt sich um einen mehrdeutigen Begriff, der von vielen Menschen mit einer vollständig umweltfreundlichen Verpackung gleichgesetzt wird. Eine Verpackung, die lediglich zu 82 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, erfüllt diese Vorstellung nicht. Deshalb sei das Vertrauen der Verbraucher enttäuscht worden.
Besonders kritisierte das Gericht, dass die ergänzenden Informationen im Internet nur durch ein kleines Sternchen auf der Verpackung angedeutet wurden. Eine solche indirekte Aufklärung reiche nicht aus, um den Eindruck von Nachhaltigkeit zu relativieren. Für Verbraucher müsse auf den ersten Blick ersichtlich sein, worauf sie sich einlassen. Gerade bei sensiblen Themen wie Umweltschutz seien besonders hohe Anforderungen an Klarheit und Transparenz zu stellen.
Verbraucherschutz im Fokus
Ursprünglich hatte das Landgericht Berlin die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands abgewiesen. Erst in der Berufung wurde die Werbeaussage als Täuschung gewertet. Das zeigt: Auch wenn zunächst kein Verstoß erkennbar scheint, lohnt sich eine genaue rechtliche Prüfung umso mehr – für beide Seiten. Verbraucher erwartet eine transparente Kennzeichnung, auf die sie sich auch ohne tiefere Recherche verlassen können.
Auch die Unterscheidung von Begriffen wie „biobasiert“, „biologisch abbaubar“ oder „umweltfreundlich“ wurde in der Entscheidung thematisiert. Zwar ging es im konkreten Fall nicht um das Recycling oder die Kompostierung der Verpackung, doch das Gericht verwies auf die hohe Bedeutung einer eindeutigen Sprache. Begriffe mit positivem Umweltimage dürfen nicht missbraucht werden, um den Verkauf zu fördern.
Was bedeutet das für Unternehmen und Verbraucher?
Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin verdeutlicht, wie wichtig eine rechtskonforme und transparente Werbung mit Umweltbegriffen ist. Wer als Hersteller oder Händler auf Nachhaltigkeit setzt, muss dies nachvollziehbar und korrekt darstellen – sowohl in der Produktgestaltung als auch in der Außenkommunikation. Falsche oder missverständliche Aussagen können nicht nur Abmahnungen auslösen, sondern auch langfristig dem Markenimage schaden.
Für Verbraucher dagegen ist das Urteil ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz beim Einkauf. Versteckte Hinweise oder Sternchenvermerke reichen nicht aus, wenn es um zentrale Produktmerkmale geht. Mit dem Urteil ist klar: Umweltfreundlichkeit darf nicht nur behauptet – sie muss auch belegt und unmittelbar nachvollziehbar sein.
Fazit
Wer Produkte mit ökologischen Vorteilen vermarktet, trägt eine besondere Verantwortung. Nur durch klare und rechtssichere Kommunikation lassen sich rechtliche Risiken vermeiden. Sowohl für Anbieter auf dem Lebensmittelmarkt als auch für Marketingverantwortliche empfiehlt es sich daher, Werbeaussagen frühzeitig rechtlich überprüfen zu lassen. Verbraucher hingegen profitieren von diesem Urteil durch transparenter gekennzeichnete Produkte und fairere Kaufentscheidungen.
Wenn Sie Fragen zu rechtssicherer Produktwerbung, Abmahnungen oder anderen Themen im Zusammenhang mit Wettbewerbsrecht oder Lebensmittelkennzeichnung haben, unterstützen wir Sie gerne persönlich. Unsere Kanzlei in Rheinstetten berät Sie individuell und kompetent.