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Meilenstein im Sportrecht: Nationale Gerichte dürfen CAS-Urteile überprüfen

Mit einer wegweisenden Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass nationale Gerichte innerhalb der EU Schiedssprüche des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) überprüfen dürfen – auch wenn diese zuvor bereits durch ein Gericht außerhalb der EU, wie dem Schweizer Bundesgericht, bestätigt wurden. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Vereinen und Sportlern und hat weitreichende Auswirkungen auf das internationale Sportrecht.

1. Hintergrund des Falls – Ein belgischer Fußballverein kämpft sich durch die Instanzen
Der belgische Fußballverein Royal Football Club Seraing (RFC Seraing) geriet 2015 in Konflikt mit dem Weltfußballverband FIFA. Grund war eine Kooperation mit dem maltesischen Unternehmen Doyen Sports, in deren Rahmen Doyen wirtschaftliche Beteiligungen an Transferrechten von Spielern erhielt. Diese sogenannte „Third-Party Ownership“ ist nach den Regelwerken der FIFA verboten.

Als Reaktion verhängte die FIFA eine Transfersperre sowie eine Geldstrafe gegen den Verein. Der RFC Seraing legte daraufhin Beschwerde beim CAS in Lausanne ein, doch der Schiedshof bestätigte die Sanktionen. Eine weitere Überprüfung durch das Schweizer Bundesgericht führte ebenfalls nicht zur Aufhebung des Urteils – es seien keine formellen Verfahrensfehler erkennbar gewesen, hieß es damals.

Unbeirrt verfolgte der RFC Seraing seinen Weg weiter und machte geltend, dass die FIFA-Regelungen gegen grundlegendes EU-Recht verstießen. Belgische Gerichte erklärten sich zunächst für unzuständig, da der Schiedsspruch bereits durch ein ausländisches Gericht bestätigt wurde. Doch der belgische Kassationshof wandte sich an den EuGH zur Klärung.

2. Entscheidung des EuGH – Mehr Rechtsstaatlichkeit im Sport
Am 1. August 2025 fällte der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung: Nationale Gerichte der EU dürfen CAS-Urteile prüfen, sofern unionsrechtlich geschützte Rechte betroffen sind (Rechtssache C-600/23). Dabei spiele es keine Rolle, ob das Schweizer Bundesgericht einen solchen Schiedsspruch bereits bestätigt hat.

Der EuGH stellte klar, dass Vereine und Sportler durch Verbandsvorgaben de facto zur Anerkennung des CAS als zwingendes Schiedsgericht genötigt würden. Ein solcher Umstand schränke die freie Wahl des Gerichts massiv ein – ein Kernelement rechtsstaatlicher Fairness, das nach Meinung des Gerichts nicht ausgehebelt werden dürfe.

Ein wesentlicher Punkt der Entscheidung ist der Hinweis auf Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der jedem ein Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz garantiert. Entsprechend sind nationale Gerichte verpflichtet, Entscheidungen des CAS umfassend zu überprüfen. Sogar einstweiliger Rechtsschutz oder die Einschaltung des EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens muss ermöglicht werden.

3. Folgen für Vereine und Sportler – Mehr Rechte im Sportkontext
Für den Royal Football Club Seraing bedeutet das Urteil nun die Möglichkeit, seinen Fall erneut vor einem nationalen Gericht prüfen zu lassen – dieses Mal mit dem Rückhalt des höchsten europäischen Gerichts. Aber das Urteil bedeutet weit mehr als nur Hoffnung für einen einzelnen Verein.

Die Entscheidung könnte eine Zäsur im Sportrecht darstellen. Bisher genossen Sportverbände wie die FIFA weitgehende Autonomie, insbesondere durch die zwingende Zuständigkeit des CAS. Diese Sonderstellung wird durch das Urteil erheblich relativiert.

Sportler, Vereine und auch Berater erhalten damit neue Möglichkeiten, sich gegen als ungerecht empfundene Maßnahmen zur Wehr zu setzen. Entscheidungen des CAS sind künftig nicht mehr automatisch der letzte rechtliche Schritt. Stattdessen können nationale Gerichte nun einschreiten, wenn europäisches Recht verletzt wurde.

4. Eine neue Herausforderung für die Sportgerichtsbarkeit
Besonders spannend bleibt die Frage, wie sich das Urteil langfristig auf die Einheitlichkeit in der Sportrechtsprechung auswirken wird. Bislang sollte der CAS internationales Sportrecht konsistent anwenden – künftig könnte jedoch ein Flickenteppich entstehen, weil jedes nationale Gericht einzelne Schiedssprüche unterschiedlich bewerten darf.

Diese neue Rechtslage schafft einerseits mehr Schutz für Betroffene, stellt aber auch Verbände und internationale Organisationen vor neue Herausforderungen. Am Ende dürfte das Urteil dazu führen, dass Sportverbände ihre Regularien sorgfältiger mit EU-Recht abgleichen müssen.

Fazit:
Das EuGH-Urteil stärkt den Rechtsstaat im Sport. Sportler und Vereine aus Rheinstetten und der gesamten EU können sich künftig darauf verlassen, dass sie bei unrechtmäßigen Entscheidungen eines Sportverbandes nicht vor verschlossenen Türen stehen. Nationale Gerichte dürfen helfen, Gerechtigkeit durchzusetzen – auch gegen den Willen mächtiger Sportinstitutionen.

Wenn Sie ein Schiedsurteil oder eine sportrechtliche Entscheidung hinterfragen möchten, stehen Ihnen erfahrene Anwälte zur Seite. Wir beraten und vertreten Sie kompetent – auch in Auseinandersetzungen mit Sportverbänden oder bei internationalen Verfahren.

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