Ein siebenjähriger Junge kauft über Monate hinweg digitale Inhalte im Wert von fast 34.000 Euro – unbemerkt vom Vater, dessen Kreditkarte im Google-Konto hinterlegt war. Das Landgericht Karlsruhe entschied: Der Vater muss zahlen. Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, digitale Konten und Zahlungsmittel sorgfältig abzusichern – vor allem dann, wenn Kinder damit Zugriff auf Käufe haben.
In-App-Käufe durch Kinder – wer haftet?
Wenn ein minderjähriges Kind über das Nutzerkonto der Eltern kostenpflichtige Käufe in Apps oder Spielen tätigt, stellt sich oft die Frage: Müssen die Eltern dafür aufkommen? Ein Fall aus dem Raum Karlsruhe zeigt, wie ernst die Lage werden kann – und dass es unter Umständen auf die sogenannte Anscheinsvollmacht ankommt.
Was war passiert?
Ein Vater hatte seinem Sohn schon früh ein älteres Tablet überlassen – samt aktivem Google-Konto und hinterlegter Kreditkarte. Über fast 20 Monate hinweg tätigte der Sohn damit über 1.200 Einzelkäufe im Google Play Store – ohne Wissen des Vaters. Die Kreditkartenabrechnungen sowie die Bestätigungsmails hatte der Vater über lange Zeit hinweg nicht kontrolliert. Die Gesamtsumme belief sich auf fast 34.000 Euro, ehe das Ganze auffiel.
Rechtliche Bewertung durch das LG Karlsruhe
Das Landgericht Karlsruhe (Az. 2 O 64/23) sah in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Anscheinsvollmacht als erfüllt an – das bedeutet: Obwohl der Sohn natürlich keine ausdrückliche Vollmacht zur Vornahme dieser Käufe hatte, durfte Google trotzdem davon ausgehen, dass die Zahlungen mit Wissen und Wollen des Vaters erfolgten.
Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht
Diese Rechtsfigur greift dann, wenn:
1. jemand für einen anderen handelt, ohne tatsächlich bevollmächtigt zu sein,
2. dieses Handeln von außen betrachtet wiederholt erfolgt (also ein „Rechtsschein“ entsteht),
3. der Vertretene davon nichts wusste,
4. der Vertretene den Eindruck jedoch bei der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können,
5. der Vertragspartner gutgläubig war, und
6. der Rechtsschein ursächlich für die Verträge war.
Im Karlsruher Fall lagen diese Voraussetzungen vor. Der Sohn hatte die Käufe eindeutig selbst durchgeführt, der Vater hatte diese nicht autorisiert, aber über einen so langen Zeitraum geduldet, dass für Google der Eindruck entstehen musste, der Vater selbst oder eine bevollmächtigte Person handle unter dem Nutzerkonto.
Rechtsschein durch das Nutzerkonto
Das Gericht stellte klar: Allein die regelmäßige Nutzung eines personalisierten und passwortgeschützten Nutzerkontos kann einen ausreichenden Rechtsschein setzen. In diesem Fall hatte der Vater zuvor selbst einige Käufe für seinen Sohn über genau dieses Konto vorgenommen. Daraus durfte der Anbieter annehmen, dass weitere Aktivitäten hiervon ebenfalls gedeckt sind. Da der Vater weder Sicherheitsvorkehrungen wie Kinder-Sicherungen oder Kaufbestätigungen aktivierte, noch die damit verbundenen Benachrichtigungen und Kreditkartenabrechnungen prüfte, traf ihn letztlich die Verantwortung.
Beruflicher Hintergrund verstärkt Sorgfaltspflicht
Das Gericht betonte zudem, dass der Vater selbst langjährig im Bereich der Softwareentwicklung tätig war und daher mit den Risiken vertraut gewesen sein müsste. Trotzdem unterließ er es, grundlegende Schutzmaßnahmen für sein digitales Konto zu treffen. Das wurde als sorgfaltswidrig gewertet und trug zur Begründung der Haftung entscheidend bei.
Minderjährigkeit des Kindes kein Freifahrtschein
Dass der Sohn zur Zeit der Käufe „nur“ sieben bis acht Jahre alt war, änderte an der rechtlichen Bewertung nichts. Nach deutschem Recht gelten Kinder ab sieben Jahren als beschränkt geschäftsfähig. Zudem ist im Rahmen der Anscheinsvollmacht nicht die Geschäftsfähigkeit des Handelnden (also des Kindes) entscheidend, sondern die des Kontoinhabers – in diesem Fall des Vaters. Und dieser hatte durch seine eigene Nachlässigkeit den entstandenen Schadensfall mitverursacht.
Fazit für Verbraucher in Rheinstetten
Das Urteil aus Karlsruhe sollte Eltern in Rheinstetten und Umgebung wachrütteln: Digitale Geräte, Nutzerkonten und Zahlungsmittel sind keine Nebensache. Wer einem Kind ein Gerät mit aktivem Nutzerkonto und gespeicherter Zahlungsmöglichkeit überlässt, sollte zwingend auf die Sicherheit achten – etwa durch das Einrichten eines Kinderkontos, Kaufgenehmigungen oder andere Kontrollmechanismen. Regelmäßige Prüfung der Abrechnungen gehört ebenfalls dazu. Versäumnisse können im Ernstfall sehr teuer werden.
Rat vom Anwalt
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