Rechtsanwälte Boris Burow & Kollegen - Engagement, das gewinnt!

BGH: SIM-Karte darf auch ohne Kennwort gesperrt werden

Was tun, wenn das Handy verloren oder gestohlen wurde? Im Notfall muss es schnell gehen – besonders, wenn die SIM-Karte gesperrt werden soll. Doch was, wenn man das persönliche Kennwort nicht parat hat? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu kürzlich eine verbraucherfreundliche Entscheidung getroffen: Mobilfunkanbieter dürfen eine Sperrung nicht von der Angabe des Kennworts abhängig machen.

Sperrung der SIM-Karte – wie sicher muss es sein?
Bei einem Diebstahl oder Verlust des Mobiltelefons ist schnelles Handeln gefragt. Um Missbrauch zu vermeiden, ist eine sofortige Sperrung der SIM-Karte notwendig. Viele Anbieter verlangen für diesen Prozess ein persönliches Kennwort. Der BGH hat nun entschieden, dass eine solche Regelung in dieser Form unzulässig ist.

Im vorliegenden Fall hatte ein Mobilfunkunternehmen festgelegt, dass Kunden bei der Sperrung ihrer SIM-Karte zwingend ihre Rufnummer und ihr individuell festgelegtes Kennwort nennen müssen – sowohl im Kundenportal als auch bei telefonischen Sperranfragen. Ein Verbraucherschutzverband hielt das für überzogen und klagte gegen diese Praxis.

Die gerichtliche Auseinandersetzung im Überblick
Zunächst hatte das Landgericht Hanau die Klage teilweise abgewiesen. Zwar wurden zwei andere AGB-Klauseln für unwirksam erklärt, die Pflicht zur Kennwortnennung wurde jedoch als zulässig angesehen. Die Richter hielten das Kennwort für erforderlich, um Identitätsdiebstahl und unbefugte Sperrungen zu vermeiden (Urteil vom 7.12.2022, Az. 9 O 708/22).

Diese Bewertung teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jedoch nicht. Nach seiner Auffassung benachteilige die Klausel Verbraucher unangemessen, wenn in einer Notsituation – etwa nach einem Diebstahl – keine andere Möglichkeit zur Authentifizierung besteht. Es gebe durchaus andere Schutzmechanismen, durch die ebenso zuverlässig festgestellt werden könne, ob es sich bei dem Anrufenden um den tatsächlichen Kunden handelt (Urteil vom 23.05.2024, Az. 1 U 4/23).

Der Fall landete schließlich beim Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.10.2025, Az. III ZR 147/24), der die Entscheidung des OLG bestätigte und die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bundesweit stärkte.

Warum das Kennwort keine Pflicht sein darf
Der BGH stellte klar: Eine Vertragsklausel, die eine SIM-Sperrung ausschließlich bei Kennwortnennung erlaubt, benachteiligt Kundinnen und Kunden unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB). Gerade in dringenden Situationen sei es nicht zumutbar, dass Betroffene ein selten genutztes Passwort auswendig wissen müssten.

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Lebenswirklichkeit vieler Verbraucher: Niemand sei verpflichtet, sämtliche Kennwörter ständig im Kopf zu behalten – zumal dies aus Datenschutzsicht sogar gefährlich sei. Wer sensible Daten oder Passwörter ständig bei sich führt, läuft Gefahr, dass diese bei einem Diebstahl ebenfalls in falsche Hände geraten.

Nach Ansicht der Richter hätte der Anbieter alternative Methoden zur Identitätsprüfung bereitstellen müssen: etwa über Sicherheitsfragen oder andere Authentifizierungsverfahren, die im Hintergrund geprüft werden können. Diese wären zumutbar und gleichzeitig sicher.

Signalwirkung für Mobilfunkanbieter
Mit seinem Urteil setzt der BGH ein klares Signal: Der Schutz der Kunden muss auch praktikabel sein. Kunden dürfen nicht in Situationen gebracht werden, in denen sie trotz berechtigtem Interesse keine Hilfe vom Anbieter erhalten, weil eine formale Voraussetzung – wie ein vergessenes Kennwort – nicht erfüllt ist.

Dieses Urteil ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz im Telekommunikationsrecht. Viele Mobilfunkunternehmen müssen nun ihre bisherigen Regelungen zur SIM-Sperrung überarbeiten. Kunden, denen die Sperrung ihrer SIM-Karte bisher verwehrt wurde, obwohl sie glaubhaft ihren Verlust gemeldet haben, könnten sich fortan auf dieses Urteil berufen.

Wann sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam?
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) großer Anbieter genau zu prüfen. Immer wieder enthalten diese Regelungen, die mit den Rechten der Verbraucher nicht vereinbar sind. Das Gesetz sieht vor, dass AGB eine sogenannte Inhaltskontrolle durchlaufen müssen und nicht dazu führen dürfen, dass Kunden unangemessen benachteiligt werden.

Nicht jede Verpflichtung in einem Vertrag ist automatisch rechtens. Besonders wenn Pflichten zu kompliziert, unzumutbar oder im Notfall unpraktisch sind, kann eine Klausel unwirksam sein.

Ihre Kanzlei vor Ort in Rheinstetten – wir prüfen Ihren Fall
Wenn Sie sich unsicher sind, ob die Vertragsbedingungen Ihres Anbieters rechtmäßig sind oder Sie in einer Notsituation benachteiligt wurden, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Als erfahrene Kanzlei im Bereich Internet-, IT- und Verbraucherrecht beraten wir Mandantinnen und Mandanten aus Rheinstetten praxisnah und lösungsorientiert.

Wir prüfen für Sie die Rechtmäßigkeit von AGB-Klauseln, unterstützen Sie bei Problemen mit Mobilfunk- oder Internetanbietern und setzen Ihre Rechte durch – außergerichtlich und vor Gericht.

Sie möchten wissen, ob auch Ihre Vertragsbedingungen unzulässig sind? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf – wir helfen Ihnen kompetent und schnell weiter.

Nach oben scrollen