Wenn ein YouTube-Kanal gesperrt wird, bedeutet das nicht automatisch, dass auch andere, unabhängige Kanäle desselben Nutzers betroffen sein dürfen. So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. In einem aktuellen Verfahren stellte das Gericht klar: Eine pauschale Sperrung mehrerer Kanäle ohne individuelle Prüfung ist unzulässig. Der betroffene Influencer bekam nicht nur seine Kanäle zurück, sondern sogar Schadensersatz – und das im Eilverfahren.
YouTube sperrt mehrere Kanäle wegen angeblicher Regelverstöße
Die Auseinandersetzung begann im November 2024: Ein bekannter Influencer betrieb mehrere Kanäle auf YouTube und veröffentlichte dort regelmäßig Inhalte. Nach Ansicht der Plattform hatte er mit einzelnen Videos Urheberrechte verletzt – durch die Bearbeitung von Videos mit sogenannten Overlays, also eingeblendeten Bildern oder Clips, die den Eindruck erwecken konnten, dass Schutzrechte umgangen werden sollten. Ohne vorherige Warnung sperrte YouTube drei seiner Kanäle.
Im Januar 2025 folgten weitere Sperrungen. Diesmal lag der Grund nicht in neuen Verstößen, sondern in der angeblichen „Umgehung“ der ersten Sperrungen. Zwar waren die später gesperrten Kanäle thematisch völlig unabhängig, YouTube vertrat aber dennoch die Auffassung, der Influencer hätte die Sperren aus dem November durch die Weiternutzung seiner anderen Kanäle umgangen. Deshalb wurde ihm sogar untersagt, jemals wieder einen neuen Kanal zu eröffnen.
Erste Klage scheitert – Landgericht Schweinfurt gibt YouTube recht
Der Influencer wehrte sich juristisch und beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Sperrung seiner weiteren Kanäle. Er argumentierte, dass ihm durch die Sperre erhebliche finanzielle Schäden entstanden seien, denn er bestreite seinen Lebensunterhalt durch die Kanäle und beschäftige mehrere Mitarbeiter. Zudem verliere er durch die Zwangspause täglich Reichweite und Follower.
Das zuständige Landgericht Schweinfurt wies diesen Antrag zunächst ab. Es bewertete die weiteren Kanäle als Teil einer versuchten Umgehung der vorigen Regeln und erlaubte YouTube die umfassende Sperrung – eine Abmahnung sei laut Gericht nicht notwendig.
OLG Bamberg hebt Entscheidung auf – Zweitkanäle hätten nicht gesperrt werden dürfen
Das Oberlandesgericht Bamberg entschied jedoch in der zweiten Instanz anders. Der Senat stellte klar: Eine pauschale Sperre mehrerer Kanäle ist nur dann erlaubt, wenn alle betroffenen Kanäle konkret gegen die Plattformrichtlinien verstoßen haben. In diesem Fall lagen keine neuen Regelverstöße vor – die später gesperrten Kanäle enthielten eigene Inhalte, die nichts mit der Ausgangssperre zu tun hatten.
Laut den Nutzungsbedingungen von YouTube ist nur das „umgehende Weiterführen“ eines gesperrten Kanals oder illegaler Inhalte untersagt. Das OLG legte den Begriff der „Umgehung“ daher eng aus: Nur wer gezielt versucht, ein Verbot zu unterlaufen, begeht einen Verstoß. In diesem Fall war das nicht gegeben. Der Influencer hatte lediglich eigenständige Kanäle mit anderen Inhalten weitergeführt.
Auch hatte YouTube nicht klar dargelegt, dass die anderen Kanäle überhaupt gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatten. Ohne eine konkrete Grundlage sei eine solche Blockade vertraglich nicht gedeckt.
Urteil bringt auch Schadensersatz für den YouTuber
Besonders bemerkenswert: Das OLG Bamberg sprach dem Influencer bereits im Eilverfahren einen Anspruch auf Schadensersatz zu. Üblicherweise wird in solchen Eilverfahren nur über vorläufigen Rechtsschutz entschieden, doch das Gericht sah hier besondere Umstände.
Da der Influencer hohe Monatseinnahmen über die Plattform erwirtschaftete und auch Mitarbeiter bezahlte, ergaben sich durch die Sperrung erhebliche wirtschaftliche Verluste. Eine monatelange Wartezeit auf das Hauptsacheverfahren sei deshalb nicht zumutbar gewesen. YouTube konnte zudem nicht darlegen, dass eine sofortige Freischaltung der Kanäle der Plattform selbst einen Schaden zugefügt hätte.
Keine vollständige Kündigung des Nutzerkontos durch YouTube
Ein weiterer Punkt: Das Gericht stellte klar, dass YouTube nicht einfach erklären kann, ein Nutzer dürfe „nie wieder“ einen Kanal betreiben. Solch eine Aussage reiche nicht aus, um den gesamten Nutzungsvertrag zu kündigen. Eine Vertragskündigung hätte ausdrücklich und nachvollziehbar erklärt werden müssen. Auch die Tatsache, dass nicht alle Kanäle auf demselben Account liefen, sprach gegen eine umfassende Kündigung.
Fazit: Rechtssicherheit für Betreiber mehrerer Plattform-Kanäle
Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für alle, die mehrere Kanäle auf Plattformen wie YouTube betreiben – insbesondere dann, wenn sie damit beruflich tätig sind. Eine Sperre darf nicht pauschal erfolgen und muss sich stets auf belegbare Verstöße beziehen. Eigenständige Kanäle mit völlig anderem Inhalt dürfen nicht ohne nähere Prüfung mitgesperrt werden.
Rechtliche Unterstützung bei Kontosperrungen
Wenn auch Sie von einer unrechtmäßigen Sperrung Ihres Kontos auf YouTube, Instagram, TikTok oder anderen Plattformen betroffen sind, lohnt es sich, rechtlichen Rat einzuholen. Die Durchsetzung der eigenen Rechte kann entscheidend sein – nicht nur zur Rückgewinnung der Reichweite, sondern auch zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz.
Wir beraten Sie gerne kompetent und zuverlässig zu Ihren Möglichkeiten. Gemeinsam finden wir eine Lösung, wie Sie Ihre Accounts schützen und gegebenenfalls schnellstmöglich wieder freischalten lassen können.