Rechtsanwälte Boris Burow & Kollegen - Engagement, das gewinnt!

Axel Springer gegen Adblock Plus – Urheberrechtsstreit um Werbeblocker geht weiter

Seit Jahren wird vor Gericht darüber gestritten, ob Werbeblocker wie Adblock Plus in die Rechte von Webseitenbetreibern eingreifen. Im Fokus steht die Frage, ob durch die Nutzung solcher Software geschützte Computerprogramme unzulässig verändert werden. Der Streit zwischen dem Medienkonzern Axel Springer und dem Kölner Unternehmen Eyeo GmbH, dem Anbieter von Adblock Plus, beschäftigt nun erneut das Oberlandesgericht Hamburg. Was hinter dem Rechtsstreit steckt und worauf es rechtlich ankommt, erfahren Sie hier.

1. Hintergrund des Rechtsstreits
Der Axel-Springer-Konzern sieht sich in seinen Rechten verletzt, weil der Einsatz des Werbeblockers Adblock Plus den HTML-Code seiner Webseiten verändere. Die Inhalte würden über den Browser verändert dargestellt, die Werbung nicht angezeigt – dies führe zu Eingriffen in die Funktionsweise der Internetseiten. Laut Axel Springer sei das ein Verstoß gegen das Urheberrecht.

Die Eyeo GmbH hingegen argumentiert, dass Nutzer selbst entscheiden dürfen, wie Inhalte im eigenen Browser angezeigt werden. Es werde lediglich die visuelle Darstellung beeinflusst, jedoch keine direkte Veränderung des Computerprogramms vorgenommen.

2. Was sagt das Urheberrecht?
Axel Springer beruft sich auf das Urheberrecht für Computerprogramme gemäß § 69a Urheberrechtsgesetz (UrhG). Demnach sind bestimmte digitale Strukturen und Abläufe schutzfähig. Das Unternehmen ist der Meinung, dass durch Adblock Plus urheberrechtlich geschützte Komponenten ihrer Webseiten verändert würden. Insbesondere die vom Browser erzeugten sogenannten Datenstrukturen, die im Arbeitsspeicher des Nutzers entstehen, seien schutzwürdig.

Eyeo entgegnet, dass es sich bei diesen im Arbeitsspeicher temporär erzeugten Strukturen nicht um schützenswerte Ausdrucksformen eines Programms handle. Zudem würden keine Inhalte dauerhaft verändert oder kopiert – was nach deutscher und europäischer Rechtsprechung für eine Urheberrechtsverletzung jedoch Voraussetzung wäre.

3. Der bisherige Verlauf vor den Gerichten
Bereits das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg hatten die Klage von Axel Springer abgewiesen. Beide Gerichte sahen keinen urheberrechtlich relevanten Eingriff, da Adblock Plus nur das Verhalten des Browsers bei der Darstellung beeinflussere. Die Programmsubstanz – also der zugrundeliegende Code – bleibe unangetastet.

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in einem verwandten Fall geurteilt, dass temporäre Eingriffe in den Arbeitsspeicher eines Geräts durch sogenannte Cheat-Software keine Urheberrechtsverletzung darstellten – solange sie den zugrundeliegenden Quellcode nicht verändern.

4. Rückverweisung durch den Bundesgerichtshof (BGH)
Anders sieht es derzeit der Bundesgerichtshof: Er hat das Urteil des OLG Hamburg teilweise aufgehoben und den Fall zur weiteren Prüfung zurückverwiesen. Der BGH sieht noch Klärungsbedarf in der Frage, ob die betroffenen Datenstrukturen möglicherweise doch Ausprägungen eines Computerprogramms im Sinne des UrhG darstellen.

Besonders kritisch sehen die Karlsruher Richter, dass das OLG nicht eindeutig festgestellt hatte, ob der vom Browser erzeugte Bytecode oder der resultierende Programmablauf schutzfähig ist. Auch wurde nicht ausreichend geprüft, ob Axel Springer ausschließliche Nutzungsrechte an sämtlichen Programmteilen hat, auf die sich die Klage stützt.

5. Bedeutung für Internetnutzer und Webseitenbetreiber
Der Ausgang dieses Rechtsstreits könnte für viele Nutzer und Anbieter von Webseiten weitreichende Folgen haben. Sollte der Einsatz eines Werbeblockers tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung darstellen, müssten Internetnutzer künftig mit Einschränkungen bei der Nutzung solcher Tools rechnen. Auch Anbieter von Browsererweiterungen müssten ihre Geschäftsmodelle überdenken.

Andererseits betonen viele Juristen die Bedeutung der Nutzerfreiheit und weisen darauf hin, dass übermäßiger Schutz von Webseitenstruktur den technischen Fortschritt hemmen könnte – beispielsweise bei der Nutzung von Jugendschutzsoftware oder barrierefreien Darstellungen.

6. Das Geschäftsmodell hinter Adblock Plus
Adblock Plus ist eine Software, die von Eyeo seit 2011 angeboten wird. Sie erlaubt es Nutzern, Werbung auf Webseiten zu blockieren. Dies geschieht durch Filterlisten (sogenannte Blacklists), mit deren Hilfe bestimmte Anzeigenstrukturen automatisch unterdrückt werden. Websitebetreiber können sich auf Wunsch gegen Gebühr auf eine Whitelist setzen lassen – dann wird ihre unaufdringliche Werbung trotz aktiviertem Blocker angezeigt.

Kritiker werfen Eyeo vor, mit dieser Geschäftspraxis einen Markt für bezahlte Sichtbarkeit geschaffen zu haben. Befürworter wiederum loben das Nutzerinteresse am werbebefreiten Browsen.

7. Fazit und Ausblick
Auch wenn noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, hat Axel Springer einen kleinen Etappensieg errungen. Der BGH verlangt eine tiefere Prüfung – sowohl rechtlich als auch technisch. Nun ist das Oberlandesgericht Hamburg wieder am Zug.

Für Verbraucher in Rheinstetten und darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob sich Adblocker wie Adblock Plus weiterhin rechtssicher nutzen lassen. Der Fall zeigt, wie sensibel das Zusammenspiel aus Technik, Recht und Geschäftsmodellen im digitalen Raum ist. Wer als Webseitenbetreiber oder Softwareentwickler tätig ist, sollte diese Entwicklungen aufmerksam verfolgen – und sich rechtzeitig über die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen informieren.

Hinweis: Für rechtliche Fragen rund um Urheberrecht, Internetrecht oder Softwarelizenzen stehen wir Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.

Nach oben scrollen