Ein jahrelanger Rechtsstreit rund um sogenannte Cheat-Software für Spielkonsolen fand nun seinen höchsten Abschluss: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Einsatz solcher Software keine Urheberrechtsverletzung darstellt – unter bestimmten Bedingungen. Damit folgt der BGH einer vorangegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Für Nutzer, Entwickler und Händler von Cheat-Software herrscht damit nun mehr Rechtssicherheit.
Hintergrund des Falls: Cheat-Software für die PlayStation Portable
Im Zentrum des Falls standen Produkte der Firma Datel, die es Spielern ermöglichen, bestimmte Begrenzungen in PlayStation-Spielen zu umgehen – beispielsweise durch den Einsatz eines „Turbo-Modus“, der normalerweise nur zeitlich begrenzt zur Verfügung steht oder erst freigespielt werden muss. Technisch funktioniert das, indem die Software im Arbeitsspeicher der Konsole bestimmte Spielvariablen ändert, ohne jedoch direkt den Quell- oder Objektcode zu modifizieren.
Sony, der Hersteller der PlayStation, sah darin einen Eingriff in das Urheberrecht der zugrundeliegenden Spielesoftware und klagte bereits im Jahr 2012 gegen Datel sowie einen Online-Händler in Deutschland. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob durch die Veränderung von im RAM befindlichen Inhalten eine sogenannte „Umarbeitung“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vorliegt.
Erste Instanz: Erfolg für Sony vor dem Landgericht Hamburg
Das Landgericht Hamburg stellte sich auf die Seite von Sony. Es sah in der technischen Veränderung durch die Software eine Umgestaltung im rechtlichen Sinne, selbst wenn der eigentliche Programmcode nicht berührt wurde. Diese weitgefasste Sichtweise führte dazu, dass dem Unternehmen Unterlassungsansprüche gegen die Hersteller und Händler der Software zugesprochen wurden.
Wende vor dem Oberlandesgericht Hamburg
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Hamburg urteilten die Richter allerdings anders: Eine Umarbeitung im Sinne des Urheberrechts setze voraus, dass der Quell- oder Objektcode eines Programms verändert wird. Das sei hier aber gerade nicht der Fall. Die Software wirke nur auf Inhalte im Arbeitsspeicher ein und verändere nicht die eigentliche Struktur des Programms.
Der EuGH wird eingeschaltet
Um den Sachverhalt auf europäischer Ebene abschließend zu klären, legte der Bundesgerichtshof zwei entscheidende Fragen dem EuGH vor. Wichtig war unter anderem, ob das Ändern von im Arbeitsspeicher temporär gespeicherten Variablen bereits als Eingriff in urheberrechtlich geschützte Programmelemente zu werten sei.
Der EuGH entschied im Oktober 2024, dass es bei der Änderung solcher RAM-Inhalte nicht um geschützte Ausdrucksformen eines Computerprogramms geht. Vielmehr sei der urheberrechtliche Schutz auf Quell- und Objektcode beschränkt. Die bloße Veränderung variabler Daten im Ablauf eines Spiels – etwa zur Manipulation des Spielstands oder Spielfortschritts – sei damit grundsätzlich nicht vom Urheberrecht erfasst, solange keine neuen Kopien entstehen oder der Programmcode selbst verändert wird.
Abschließendes Urteil des BGH: Kein Verstoß gegen das Urheberrecht
In seinem Urteil vom 31. Juli 2025 entschied der BGH in letzter Instanz im Sinne des EuGH und wies die Revision von Sony endgültig zurück. Der BGH betonte, dass Cheat-Software, welche lediglich den Ablauf eines Spiels beeinflusst, ohne den Quell- oder Objektcode zu ändern oder zu vervielfältigen, keine urheberrechtlich relevante „Umarbeitung“ darstellt.
Spielekonsolen werden durch Cheat-Programme nicht verändert, sondern es wird lediglich der Eindruck erzeugt, als seien bestimmte Spielzustände bereits erreicht. Solche Funktionen – etwa zusätzliche Fahrer oder ein unbeschränkter „Turbo-Modus“ – sind laut Gericht typische Elemente des Spiels, die ohnehin erreichbar wären. Die Software stellt demnach keine neue Schöpfung dar und verändert auch nicht die Substanz des Programms.
Rechtlicher Rahmen: Was ist erlaubt?
Der BGH griff dabei auf den in Deutschland geltenden § 69a UrhG zurück, der den urheberrechtlichen Schutz auf die Ausdrucksform eines Computerprogramms beschränkt – also insbesondere dessen Code. Ideen und Prinzipien, die der Software zugrunde liegen oder deren Funktionsweise regeln, sind davon nicht erfasst. Ebenso wenig erfasst § 69c UrhG Veränderungen außerhalb des Codes – etwa Eingriffe in temporäre Variablen.
Fazit: Cheat-Software ist nicht automatisch ein Verstoß gegen Urheberrecht
Durch die Urteile von EuGH und BGH ist nun klar, dass Cheat-Programme grundsätzlich zulässig sind – vorausgesetzt, sie verändern weder den Quell- noch den Objektcode und lösen keine unzulässige Kopie aus. Die Manipulation von im Arbeitsspeicher befindlichen Variablen ist demnach rechtlich erlaubt, zumindest aus urheberrechtlicher Sicht.
Das bedeutet auch: Nutzer, die solche Software verwenden, müssen unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt keine Abmahnungen mehr befürchten. Unberührt bleibt allerdings das Vertragsrecht – also etwaige Verstöße gegen Nutzungsbedingungen, die Spielehersteller in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festlegen. Ob solche Vertragsverletzungen rechtlich geahndet werden können, bleibt jeweils eine Einzelfallentscheidung.
Für Verbraucher in Rheinstetten und Umgebung bedeutet dieses Urteil mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Cheats und Modifikationen: Wer sich dabei im Rahmen des Urheberrechts bewegt, muss keine gerichtlichen Konsequenzen befürchten. Bei Unsicherheiten lohnt sich jedoch eine rechtliche Beratung, insbesondere wenn es um mögliche Verstöße gegen AGB oder andere zivilrechtliche Bestimmungen geht.