Seit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juni 2025 mehren sich die ersten Abmahnungen – teilweise mit überraschend hohen Kostenforderungen. Die Schreiben wirken in vielen Fällen fragwürdig und werfen juristische Fragen auf. Für Betreiber von Webseiten, insbesondere kleinere Onlineshops, stellt sich nun die Frage: Wie sollte man auf eine solche Abmahnung reagieren? Und was genau verlangt das BFSG eigentlich?
1. Hintergrund: Was ist das BFSG?
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) hat der Gesetzgeber neue Maßstäbe für digitale Barrierefreiheit eingeführt. Ziel ist es, die digitale Welt inklusiver zu gestalten – Menschen mit körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen sollen Webseiten und mobile Apps leichter nutzen können.
Für Unternehmen bedeutet das konkret: Dienste wie Online-Shops und Apps müssen in technischer Hinsicht barrierefrei ausgestaltet sein. Anforderungen sind unter anderem:
– Vereinbarkeit mit Screenreadern
– Ausreichende Kontraste
– Lesbare Schriftgrößen
– Bedienbarkeit ohne Maus (z. B. per Tastatur)
– Nutzung einfacher Sprache
– Veröffentlichung einer leicht zugänglichen Barrierefreiheitserklärung
Das Gesetz gilt grundsätzlich für Anbieter mit mehr als neun Beschäftigten oder mit einem Jahresumsatz bzw. einer Bilanzsumme von über zwei Millionen Euro.
2. Erste Abmahnwelle: Wer mahnt wen ab?
Kaum in Kraft, sorgt das Gesetz nun schon für zahlreiche Abmahnungen von Webseitenbetreibern. Besonders häufig treten hier die CLAIM Rechtsanwalts GmbH und der Unternehmer Christopher Liermann in Erscheinung. Liermann, Betreiber der Seite „die-website-experten.de“, bietet selbst Leistungen im Bereich Webdesign an und lässt über die Kanzlei CLAIM andere Marketingsites, Unternehmenswebseiten und Shops abmahnen – angeblich wegen Verstößen gegen das BFSG.
Den Schreiben liegen meist allgemeine Behauptungen sowie ein Screenshot bei. Was genau bemängelt wird, bleibt jedoch oftmals sehr vage. Teilweise werden Vergleichszahlungen von ca. 600 Euro angeboten, verbunden mit der Forderung, keine Unterlassungserklärung abgeben zu müssen – sofern gezahlt wird.
Auffällig ist, dass der Abmahner zugleich anbietet, mit seiner Firma bei der Umsetzung der Barrierefreiheit zu helfen. Dieses Verhalten wirft Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Primärabsicht der Abmahnaktion auf.
3. Ihre Rechte – und wie Sie richtig auf eine Abmahnung reagieren
Auch wenn die Abmahnung auf den ersten Blick unklar oder überzogen erscheint, sollten Sie keinesfalls untätig bleiben. Ignorieren kann schnell teuer werden: Im schlimmsten Fall droht eine einstweilige Verfügung, die ohne vorherige Anhörung erlassen wird.
Was Sie beachten sollten:
– Keine vorschnelle Zahlung: Auch wenn ein Vergleichsbetrag „günstig“ aussieht – prüfen Sie genau!
– Keine Unterlassungserklärung ohne rechtliche Beratung: Wer eine solche Erklärung unterschreibt, bindet sich über Jahre und riskiert bei Verstößen Vertragsstrafen.
– Abmahnung rechtlich prüfen lassen: Oft sind Abmahnschreiben aufgrund fehlender Konkretisierung oder mangelnder gesetzlicher Grundlage angreifbar.
– Aktivlegitimation prüfen: Nicht jeder darf abmahnen. Ein Mitbewerber muss nachweisen, dass tatsächlich ein Wettbewerbsverhältnis besteht.
Wenn sich eine Abmahnung als unberechtigt herausstellt, bestehen verschiedene juristische Gegenmittel – etwa eine Gegenabmahnung oder eine negative Feststellungsklage. Mit dieser lässt sich klären, ob überhaupt ein rechtlich relevanter Verstoß vorliegt.
4. Was droht bei berechtigten Abmahnungen?
Falls eine Abmahnung tatsächlich auf einem echten Verstoß gegen das BFSG beruht – etwa wegen fehlender Kontraste, nicht funktionierender Tastatursteuerung oder fehlender Barrierefreiheitserklärung – drohen nicht nur zivilrechtliche Unterlassungsansprüche. Auch Verwaltungsbehörden können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängen.
In einem solchen Fall ist schnelles Handeln gefragt. Die Internetpräsenz sollte so zügig wie möglich an die gesetzlichen Vorgaben angepasst werden.
5. Wie Sie sich schützen: Vorbeugung ist der beste Weg
Am besten ist es natürlich, es gar nicht erst zu einer Abmahnung kommen zu lassen. Webseitenbetreiber – insbesondere in Rheinstetten und Umgebung – sollten ihre Webauftritte daher umgehend auf Barrierefreiheit prüfen (lassen). Die Anforderungen orientieren sich insbesondere an den internationalen Standards der WCAG 2.1 (Stufe AA) und werden durch die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BFSGV) konkretisiert.
Wichtig ist außerdem eine sogenannte Barrierefreiheitserklärung: Sie muss gut sichtbar auf der Website platziert sein und in leicht verständlicher Sprache erklären, wie die Anforderungen umgesetzt wurden.
Tipp: Arbeiten Sie mit erfahrenen Dienstleistern zusammen, um die rechtssichere technische Umsetzung effizient zu gewährleisten.
6. Fazit: Jetzt rechtzeitig handeln – auch in Rheinstetten
Die ersten Abmahnungen zum BFSG zeigen: Neue gesetzliche Pflichten bieten neue Risiken – insbesondere im Online-Bereich. Webseitenbetreiber sollten ihre Inhalte und Funktionen schleunigst auf Barrierefreiheit prüfen – nicht nur zum Schutz vor Abmahnungen, sondern auch im Sinne eines besseren digitalen Zugangs für alle.
Haben Sie eine Abmahnung erhalten oder sind sich unsicher, ob Ihre Website den neuen Vorgaben entspricht? Dann lassen Sie Ihre Lage rechtlich prüfen – eine frühzeitige juristische Einschätzung kann helfen, kostspieligen Fehlern vorzubeugen und rechtssicher zu handeln.