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FOCUS-Ärztesiegel zulässig: OLG München sieht keine Irreführung

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat entschieden, dass die beliebten Ärztesiegel „TOP MEDIZINER“ und „FOCUS Empfehlung“ weiterhin verwendet werden dürfen. Die Richter sahen keine Irreführung der Verbraucher, sondern bewerteten die Auszeichnungen als journalistisch-redaktionelle Empfehlung. Für Verbraucher aus Rheinstetten, die sich fragen, wie aussagekräftig solche Siegel sind, liefert das Urteil wichtige rechtliche Orientierung.

FOCUS-Ärztesiegel als Empfehlung und nicht als Prüfzeichen

Hintergrund des Urteils war die Frage, ob kostenpflichtige Qualitätssiegel für Ärzte Verbraucher täuschen, wenn sie nicht auf einer objektiven Prüfung durch eine unabhängige Instanz beruhen. Das FOCUS-Verlagshaus vergibt regelmäßig Qualitätssiegel an Ärztinnen und Ärzte, die es im Gesundheitsmagazin „FOCUS Gesundheit“ als besonders empfehlenswert aufführt. Die Ärzte können ein entsprechendes Siegel gegen eine Lizenzgebühr für ihre eigene Werbung nutzen – zum Beispiel auf Praxis-Websites oder in Printanzeigen.

Die Auswahl erfolgt laut FOCUS auf Basis zahlreicher Kriterien wie dem medizinischen Fachgebiet, dem Behandlungsspektrum, wissenschaftlicher Tätigkeit, Fortbildungen sowie Patientenbewertungen. Die daraus resultierende Liste hebt die Mediziner hervor, die im Vergleich besonders positiv auffallen.

Kritik durch die Wettbewerbszentrale

Die Wettbewerbszentrale, ein seit vielen Jahrzehnten aktiver Verein im Bereich des Lauterkeitsrechts, war gegen diese Praxis vorgegangen. Aus ihrer Sicht erwecken die Siegel beim Verbraucher den Eindruck, dass es sich um ein unabhängiges und objektives Prüfzeichen handelt – obwohl die Auswahlkriterien zumindest in Teilen subjektiv seien. Der durchschnittliche Verbraucher, so argumentierte die Wettbewerbszentrale, könne ohne weiteres glauben, die Siegel würden objektive Qualitätskriterien bescheinigen. Damit läge eine Irreführung vor.

Entscheidung des Landgerichts München

In erster Instanz folgte das Landgericht München I dieser Sichtweise und verurteilte die Verwendung der Siegel als wettbewerbswidrig. Das Gericht betonte, dass die optische Gestaltung der Siegel sowie deren Wortwahl suggerierten, dass es sich um ein neutrales Gütesiegel handele. Insbesondere das Wort „TOP“ in Kombination mit einer offiziellen, plakativ wirkenden Darstellung könne falsch verstanden werden, so das Urteil.

OLG München bewertet Siegel als journalistische Empfehlung

Das OLG München hob diese Entscheidung nun auf und ließ die Verwendung der Auszeichnungen wieder zu. Die Richter argumentierten, dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher sehr wohl zwischen einem journalistischen Empfehlungssystem und einem amtlichen Prüfzeichen unterscheiden könne. Bereits das Layout und die Platzierung des FOCUS-Logos mache deutlich, dass es sich um eine Empfehlung des Magazins handle.

Zudem sei es im Medienbereich gängige Praxis, Ärzteempfehlungen zu veröffentlichen – ähnlich wie es auch andere Zeitungen und Magazine, beispielsweise der „Stern“ oder die „FAZ“, regelmäßig tun. Derartige Empfehlungen seien in der Gesellschaft bekannt und würden nicht als objektive Qualitätsprüfung missverstanden, sondern als journalistische Einschätzung.

Auch der Umstand, dass der Bewertungsprozess sowohl objektive als auch subjektive Komponenten enthält, ändere laut OLG nichts an der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Siegelvergabe. Der Verbraucher gehe nicht davon aus, dass medizinische Leistungen vollständig objektiv bewertet werden können – genau dies spiegele sich auch in der Darstellung der Siegel wider.

Keine Irreführung – Urteil stärkt rechtliche Klarheit

Somit entschied das OLG München, dass keine Irreführung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorliegt. Die Nutzung der Siegel ist weiterhin zulässig. Für Ärztinnen und Ärzte in Rheinstetten bedeutet das, dass sie entsprechende Auszeichnungen weiterhin in ihrer Außendarstellung einsetzen können, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen – solange klar erkennbar bleibt, dass es sich um eine Empfehlung eines Medienhauses und kein amtliches Prüfsiegel handelt.

Praktische Bedeutung für Verbraucher und Unternehmen

Für Verbraucher bedeutet dies, dass Siegel wie „TOP MEDIZINER“ eher als eine Orientierungshilfe denn als objektiver Qualitätsnachweis zu sehen sind. Wer auf der Suche nach einer fachlich empfehlenswerten Arztpraxis ist, kann die Auszeichnungen als Anhaltspunkt nutzen – sollte sich jedoch bewusst sein, dass diese auf redaktionellen Recherchen und auch auf subjektiven Meinungen beruhen.

Für Unternehmen – auch außerhalb des Gesundheitssystems – zieht das Urteil klare Grenzen: Redaktionelle Empfehlungen dürfen verwendet werden, sofern kein irreführender Eindruck entsteht. Wer jedoch Äußerungen trifft, die eine objektive Prüfung oder Zertifizierung suggerieren, benötigt belastbare Fakten als Grundlage.

Rechtliche Beratung zum Thema Werbeaussagen und Siegel

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