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Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit: Urteil erleichtert Nachweis von Diskriminierung

Verdienen Frauen weniger als ein männlicher Kollege mit identischen Aufgaben? Nach einem wegweisenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts reicht bereits der Vergleich mit einer einzelnen männlichen Person, um eine Diskriminierung wegen des Geschlechts zu vermuten – der Arbeitgeber muss dann den Beweis des Gegenteils führen. Für Arbeitnehmerinnen auch in Rheinstetten verbessert sich damit die Rechtsposition erheblich.

Klage auf Gleichbehandlung bei der Bezahlung

Eine langjährig beschäftigte Abteilungsleiterin der Daimler Truck AG stellte nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit fest, dass ihr Gehalt deutlich unter dem eines männlichen Kollegen in vergleichbarer Führungsfunktion lag. Auf Basis dieser Erkenntnis machte sie rückwirkend eine Gehaltsanpassung in Höhe von etwa 420.000 Euro geltend.

Zur Untermauerung ihrer Klage bezog sich die Klägerin auf ein unternehmensinternes Entgelt-Dashboard, das im Zuge des Entgelttransparenzgesetzes eingeführt wurde. Dieses zeigte an, dass ihr Kollege deutlich mehr verdiente und zu den Top-Verdienern unter den männlichen Führungskräften zählte.

Die Arbeitgeberseite wies die Vergleichbarkeit der Tätigkeit zurück und argumentierte mit geringerer Leistung. Zudem wurde vorgebracht, dass das Gehalt der Klägerin auch im Vergleich zu anderen weiblichen Führungskräften unter dem Median liege. Aus Sicht des Unternehmens sei die Gehaltsdifferenz daher sachlich erklärbar.

Rechtsgrundlagen: Gleiches Geld für gleiche Arbeit

Das Prinzip der Entgeltgleichheit ist sowohl im deutschen als auch im europäischen Recht verankert. Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten zur Durchsetzung dieses Grundsatzes. Ergänzt wird dies durch die nationale Gesetzgebung – insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG).

Laut § 3 Abs. 1 EntgTranspG sind unterschiedliche Gehälter bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit aufgrund des Geschlechts unzulässig. Arbeitgeber müssen geschlechtsneutrale Entlohnungsstrukturen sicherstellen. Ab einer Unternehmensgröße von 200 Beschäftigten steht Beschäftigten zudem ein Auskunftsanspruch zu – dieser umfasst allerdings nur den Medianwert, nicht individuelle Gehälter. Die Klägerin konnte in ihrem Fall durch das Unternehmens-Dashboard frühzeitig auf individuelle Daten zugreifen.

Ein besonders wichtiger Punkt für Gleichstellungsklagen ist die Beweislastumkehr gemäß § 22 AGG: Wenn Indizien für eine Diskriminierung vorliegen, muss der Arbeitgeber beweisen, dass objektive Gründe für die Ungleichbehandlung bestehen – also z. B. klar nachvollziehbare Leistungsbewertungen, besondere Qualifikationen oder erfahrungsbedingte Unterschiede. Pauschale Aussagen genügen dabei ausdrücklich nicht.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

In der Vorinstanz wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg den Antrag der Klägerin zunächst größtenteils ab. Die Begründung: Ein Einzelfallvergleich reiche nicht aus, um eine Diskriminierung zu vermuten. Erforderlich sei eine Entgeltungleichheit, die sich auf eine breite Vergleichsgruppe stütze. Lediglich in Bezug auf bestimmte Vergütungsbestandteile wurde eine Differenz von 130.000 Euro zugesprochen.

Gegen die Entscheidung legte die Klägerin Revision beim Bundesarbeitsgericht ein – mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

Bundesarbeitsgericht stärkt Rechte von Arbeitnehmerinnen

Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung des LAG teilweise auf. Nach Auffassung der Richter genügt es, wenn eine Frau nachweist, dass sie für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger verdient als ein bestimmter männlicher Kollege. Die Entgeltungleichheit muss dabei nicht aus einer breiten Vergleichsgruppe stammen, auch Durchschnittswerte spielen keine Rolle.

Diese unionsrechtskonforme Auslegung stärkt die Rechte betroffener Arbeitnehmerinnen entscheidend. Denn damit gelten nun realistische Beweismaßstäbe, die auch im Einzelfall praktikabel sind.

Arbeitgeber müssen sämtliche objektive Gründe für eine Ungleichbehandlung offenlegen. Können sie dies nicht oder nicht überzeugend leisten, ist von einer Diskriminierung auszugehen. In dem besagten Fall reichte die Argumentation von Daimler Truck aus Sicht des Gerichts nicht aus. Die behauptete geringere Leistung war nicht hinreichend belegt, und die Kriterien für die Entgeltfindung im Unternehmen erschienen wenig transparent.

Wie geht es weiter?

Das Verfahren wurde an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dort soll nun geprüft werden, ob das Unternehmen objektive Gründe darlegen kann, die die bestehende Gehaltsdifferenz rechtfertigen. Sollte dies nicht gelingen, hat die Klägerin Anspruch auf eine entsprechende finanzielle Gleichstellung mit ihrem Kollegen.

Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmerinnen?

Für Beschäftigte – auch hier in Rheinstetten – ist dieses Urteil ein bedeutender Etappensieg bei der Durchsetzung von Equal Pay. Wer den Eindruck hat, aufgrund des Geschlechts weniger zu verdienen, kann sich nun schon auf den Vergleich mit einem einzelnen Kollegen stützen, um den Verdacht auf Diskriminierung zu begründen.

Sind Sie betroffen?

Wenn Sie das Gefühl haben, bei der Bezahlung benachteiligt zu werden, unterstützen wir Sie gerne. Unsere Kanzlei steht Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte zur Seite – erfahren, engagiert und persönlich in Rheinstetten.

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