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Ist die „Lidl Plus“-App wirklich kostenlos? Streit um Daten als Gegenleistung geht vor den BGH

Millionen Verbraucher nutzen Rabatt-Apps wie „Lidl Plus“, um beim Einkauf zu sparen. Doch ist die App wirklich kostenlos – oder zahlen Nutzer mit ihren Daten? Diese Frage beschäftigt derzeit die Gerichte und hat nun sogar den Bundesgerichtshof (BGH) erreicht. Die Entscheidung könnte weit über den konkreten Fall hinaus Bedeutung erlangen.

Lidl Plus: Datennutzung gegen exklusive Vorteile

Die App „Lidl Plus“ ermöglicht Nutzern Zugang zu rabattierten Angeboten und Sonderaktionen. Dabei erhebt Lidl umfangreiche Daten über das Einkaufsverhalten der App-Nutzer: Wer die App verwendet, muss sich registrieren und persönliche Informationen preisgeben. In den 18-seitigen Teilnahmebedingungen ist festgehalten, welche Daten erhoben und wie sie genutzt werden – etwa zur Schaltung personalisierter Werbung.

Trotz dieser Datennutzung wirbt Lidl mit dem Begriff „kostenlos“. Dagegen klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er argumentierte, dass Verbraucher hier zwar kein Geld, wohl aber personenbezogene Daten als Gegenleistung leisten – und somit eine „bezahlte“ Leistung erbringen würden. Dies würde eine irreführende Werbung mit dem Begriff „kostenlos“ darstellen.

Gericht: Kein Geldbetrag, keine Preisangabe

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart sah dies jedoch anders. Nach Auffassung des Gerichts sei der Begriff „Preis“ im rechtlichen Sinne ausschließlich auf Geldbeträge beschränkt. Da Nutzer keine monetäre Zahlung leisten, liege kein Preis im Sinne des Preisangabenrechts vor (Urt. v. 23.09.2025, Az. 6 UKl 2/25). Eine Irreführung der Verbraucher sei daher nicht gegeben.

Auch wenn personenbezogene Daten für Unternehmen wirtschaftlich von erheblichem Wert sind, stellen sie laut Gericht keine klassische Gegenleistung dar, wie es das Preisangabenrecht fordert. Entscheidend sei, dass Lidl transparent über die Datennutzung informiere. Wer die Teilnahmebedingungen lese, könne nachvollziehen, welche Daten wofür verwendet werden.

Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen

Das OLG hat die grundlegende Rechtsfrage jedoch nicht endgültig geklärt. Aufgrund der großen Bedeutung des Falls und der möglichen Auswirkungen auf viele digitale Geschäftsmodelle hat es die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich zugelassen. Der vzbv hat bereits angekündigt, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Muss eine App, die ohne Geldzahlung, aber unter Preisgabe personenbezogener Daten genutzt wird, rechtlich als entgeltliches Angebot gelten? Eine Entscheidung des BGH könnte hier für Klarheit sorgen – mit möglichen Auswirkungen auf eine Vielzahl von Apps und digitalen Plattformen.

Relevanz für Verbraucher und digitale Anbieter

Das Verfahren betrifft nicht nur Supermarkt-Apps, sondern auch zahlreiche Online-Dienste, soziale Netzwerke und digitale Plattformen, die ebenfalls scheinbar kostenlose Leistungen gegen Nutzerdaten anbieten. Sollte der BGH den bisherigen Maßstab infrage stellen, könnte das weitreichende Folgen für die Kennzeichnungspflichten und die rechtliche Transparenz digitaler Angebote haben.

Fazit

Der Streit rund um die Lidl Plus App zeigt, wie komplex und rechtlich umstritten die Verknüpfung von Rabatten und Datennutzung ist. Während das OLG die Bezeichnung als „kostenlos“ für zulässig hält, bleibt abzuwarten, ob der BGH diese Einschätzung teilt. Für Verbraucher in Rheinstetten und deutschlandweit bleibt die Frage spannend: Zahlt man im digitalen Umfeld oftmals nicht mit Geld, sondern mit seinen persönlichen Daten? Die kommende Entscheidung des BGH wird hier voraussichtlich Maßstäbe setzen.

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