Rechtsanwälte Boris Burow & Kollegen - Engagement, das gewinnt!

Keine Ausnahme vom Widerrufsrecht für Vermittler von Zweitmarkt-Tickets

Verbraucher, die Tickets über Vermittlungsplattformen im Internet kaufen, haben grundsätzlich das Recht, den Vertrag zu widerrufen. Das Kammergericht Berlin hat nun bestätigt: Dieses Recht gilt auch dann, wenn personalisierte Eintrittskarten für Freizeitveranstaltungen aus dem sogenannten Zweitmarkt angeboten werden – also von Personen, die Tickets weiterverkaufen. Vermittler dürfen das gesetzliche Widerrufsrecht nicht durch ihre AGB ausschließen.

Zweitmarkt-Ticketvermittlung und das Widerrufsrecht
Ein Schweizer Unternehmen vermittelte über eine Onlineplattform personalisierte Eintrittskarten für Freizeitveranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen oder Sportevents. Die Besonderheit: Es handelte sich um Tickets aus dem Zweitmarkt, also nicht um selbst erworbene oder bereitgestellte Eintrittskarten, sondern um Karten, die zuvor durch Dritte gekauft und anschließend weiterveräußert wurden.

Kundinnen und Kunden konnten auf der Plattform einen konkreten Veranstaltungswunsch angeben. Das Unternehmen beschaffte daraufhin das gewünschte Ticket und übergab es an die Kundschaft. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hieß es, dass für diese Leistung kein Widerrufsrecht bestehe – mit Hinweis auf eine gesetzliche Ausnahme im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB), wonach bei Verträgen über Freizeitveranstaltungen mit festem Termin kein Widerrufsrecht besteht.

Gericht: Ausnahme gilt nur für Veranstalter, nicht für Vermittler
Gegen den Ausschluss des Widerrufsrechts klagte eine Verbraucherzentrale – mit Erfolg. Sowohl das Landgericht Berlin als auch das später zuständige Kammergericht (Urteil vom 6. März 2025, Az. 23 UKI 5/24) gaben der Klage statt.

Das Gericht stellte klar: Die gesetzliche Ausnahmeregelung gilt ausschließlich für Fälle, in denen der Unternehmer selbst die Veranstaltung anbietet oder entsprechende Kapazitäten zur Durchführung bereitstellt. Diese Vorschrift soll Veranstalter davor schützen, dass kurzfristig stornierte Plätze nicht neu vergeben werden können – und somit wirtschaftlicher Schaden entsteht. Für reine Vermittler, die keine eigenen Kapazitäten einbringen, greift diese Schutzüberlegung aber nicht.

Risiken treffen nicht den Veranstalter
Im vorliegenden Fall war das Unternehmen lediglich Vermittler zwischen Endkunden und Ticketanbietern. Ein Vertrag mit dem Veranstalter bestand nicht – entsprechend bestand auch kein wirtschaftliches Risiko für den Veranstalter bei Ausübung des Widerrufsrechts. Risiko und Verantwortung lagen beim Erstverkäufer des Tickets oder beim Vermittler selbst. Das Gericht betonte: Verbraucherschutz darf nicht durch komplexe Vertragskonstruktionen umgangen werden.

Das Kammergericht wies auch darauf hin, dass die Vermittlungstätigkeit in diesem Fall keine Dienstleistung im Sinne der Ausnahmevorschrift darstellt – denn der Vermittler erbringt keine Leistung mit eigenen Ressourcen zu einem festen Termin, sondern lediglich eine Vermittlungsleistung mit Erfolgskomponente, sprich: die Besorgung bestimmter Eintrittskarten. Für derartige Verträge gilt das volle Widerrufsrecht.

Was diese Entscheidung für Anbieter bedeutet
Das Urteil zeigt deutlich: Wer online Tickets vermittelt, darf Kundinnen und Kunden das Widerrufsrecht nicht entziehen, indem er sich auf gesetzliche Ausnahmen beruft, die nur für Veranstalter gedacht sind. Vermittler müssen in ihren AGB und Widerrufsbelehrungen ausdrücklich auf das bestehende Rückgaberecht hinweisen.

Für Ticketvermittler – insbesondere im digitalen Bereich – bedeutet das: AGB und rechtliche Informationen sollten regelmäßig auf ihre Aktualität und Gesetzeskonformität überprüft werden, um rechtliche Risiken wie Abmahnungen zu vermeiden.

Rechtliche Unterstützung für Anbieter und Verbraucher aus Rheinstetten
Als Kanzlei mit Erfahrung im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht unterstützen wir Unternehmen bei der rechtskonformen Gestaltung ihrer Onlineangebote – ganz gleich, ob Sie Veranstaltungen organisieren oder Dienste vermarkten. Ebenso beraten wir Verbraucher, die Probleme bei Ticketkäufen oder Onlineverträgen erleben. Unsere Kanzlei vor Ort oder telefonisch unterstützt Sie gerne.

Nehmen Sie bei Fragen zum Widerrufsrecht, zu AGB oder zu Online-Plattformen Kontakt mit uns auf – wir beraten Sie gerne, kompetent und persönlich.

Nach oben scrollen