Dürfen Zigarettenautomaten mit rein markentypisch gestalteten Tasten betrieben werden – ohne auf jeder Taste ein Schockbild oder einen Warnhinweis anzubringen? Das Landgericht Heilbronn hat hierzu eine wegweisende Entscheidung getroffen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher in Rheinstetten und Umgebung kann dieses Urteil von besonderem Interesse sein – vor allem, wenn sie sich für den Verbraucherschutz oder Fragen der Werbung interessieren.
Zentraler Warnhinweis auf Zigarettenautomat genügt
Das Landgericht Heilbronn urteilte im April 2025 über eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die sich gegen einen Automatenbetreiber richtete. Stein des Anstoßes war ein Zigarettenautomat in der Innenstadt von Leingarten (Landkreis Heilbronn), an dem die Auswahl der Zigarettenmarke über Tasten erfolgte, die farblich sowie grafisch Markenpackungen ähnelten. Diese Tasten trugen jedoch keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise.
Nach Auffassung der Verbraucherzentrale hätten solche Hinweise auch direkt an den Tasten angebracht werden müssen – insbesondere dann, wenn deren Gestaltung tatsächlichen Zigarettenschachteln ähnelt. Der Automat war allerdings mit einem deutlich sichtbaren Warnhinweis an der rechten oberen Ecke versehen.
Gericht lehnt zusätzliche Hinweise auf jeder Taste ab
Das Gericht verneinte die Notwendigkeit, jede Auswahl-Taste gesondert mit einem Schockbild oder einem Warntext zu versehen. Aus Sicht der Richterinnen und Richter genügt es, wenn der Zigarettenautomat einen gut sichtbaren zentralen Warnhinweis trägt. Dies erfülle die gesetzlichen Pflichten nach der Tabakerzeugnisverordnung.
Ein wichtiger Aspekt der Argumentation: Die Kaufentscheidung werde von den meisten Konsumenten bereits vor dem Bedienen des Automaten getroffen. Die Tasten seien also nicht maßgeblich für einen spontanen Impulskauf. Darüber hinaus sei die schädliche Wirkung des Rauchens allgemein bekannt.
Es komme laut Gericht nicht darauf an, ob die Tasten einem Packungsdesign nachempfunden seien. Auch sei die wirtschaftliche Belastung für den Automatenbetreiber irrelevant – entscheidend sei allein, ob eine Warnung auf jeder einzelnen Taste den Informationswert für den Verbraucher tatsächlich erhöhe. Eine solche Relevanz konnte das Gericht nicht erkennen.
Keine unzulässige Werbewirkung durch Tastengestaltung
Das LG Heilbronn stellte außerdem klar, dass die bloße Ähnlichkeit zwischen Auswahltasten und Verpackungen keine unzulässige Werbewirkung begründet. Entscheidend sei, wie der durchschnittliche Verbraucher diese Gestaltung wahrnehme. Wenn Tasten lediglich als technische Hilfe zur Produktauswahl dienen und keine auffällige Werbung betreiben, bestehe kein Verstoß gegen geltende Informationspflichten:
Auch die gesetzlichen Schockbilder und Warntexte auf den Zigarettenpackungen selbst seien deutlich genug und würden von den Konsumenten wahrgenommen, sobald sie das Produkt erwerben oder verwenden. Eine zusätzliche Warnung an jeder Taste bringe aus Sicht des LG Heilbronn keinen erheblichen Mehrwert.
Auch organisatorische und logistische Fragen berücksichtig
Die beklagte Automatenbetreiberin führte zudem an, dass nicht sie selbst sondern Hersteller der Tabakprodukte die Gestaltung der Tastenelemente vorgeben würden. Dadurch sei eine nachträgliche Anbringung von Warnaufklebern technisch schwierig und mit erheblichem Aufwand verbunden. Das Gericht ließ offen, ob dies zutreffe, machte jedoch deutlich: Ob eine Maßnahme für ein Unternehmen zumutbar ist, sei nicht ausschlaggebend – entscheidend bleibe, welche Informationen Verbraucher zur fundierten Kaufentscheidung benötigen.
Praktikabilität und Verbraucherschutz in Einklang
Nach Ansicht des Gerichts stellt ein zentral angebrachter, großflächiger Warnhinweis am Automaten eine praktikable und gesetzlich ausreichende Lösung dar. Dieser sei für die Nutzer sofort sichtbar, wenn sie sich dem Gerät nähern.
Die Forderung der Verbraucherzentrale, Warnhinweise auf jeder einzelnen Auswahltaste anzubringen, bewertete das Gericht als überzogen. Die gesetzlichen Anforderungen der Verbraucherinformation seien bereits durch die bestehenden Hinweise auf Verpackungen und dem Automaten selbst erfüllt.
BGH-Entscheidung als Grundlage
In seiner argumentativen Herleitung stützte sich das LG Heilbronn unter anderem auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2023. Darin ging es primär um die Frage, ob Abbildungen auf Automaten – insbesondere in Supermärkten – mit Warnhinweisen versehen sein müssen, wenn sie direkt an das Verpackungsdesign erinnern. Der BGH bejahte damals die Werbewirkung solcher Abbildungen, ließ jedoch die Frage offen, ob Warnhinweise auch direkt an Verbrauchsautomaten erforderlich seien.
Diese Lücke füllte das LG Heilbronn nun mit seiner Entscheidung und schuf damit erstmals klare Richtlinien für klassische Zigarettenautomaten mit mechanischen Tasten – eine juristisch wie praktisch relevante Weichenstellung.
Fazit: Keine individuelle Kennzeichnungspflicht jeder Taste
Für Verbraucher stellt das Urteil eine Klarstellung dar: Die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise müssen beim Zigarettenkauf deutlich erkennbar vorhanden sein. Eine doppelte Kennzeichnung – also auch noch auf jeder einzelnen Automattaste – ist laut dem LG Heilbronn allerdings nicht erforderlich.
Für Betreiber von Automaten bedeutet die Entscheidung zudem mehr Planungssicherheit bei der Umsetzung gesetzlicher Pflichten. Sie müssen die Anforderungen an den Verbraucherschutz weiterhin ernst nehmen – dürfen dabei aber auf praktikable Lösungen zurückgreifen, sofern das Informationsziel erfüllt wird.
Wenn Sie Fragen zur rechtssicheren Gestaltung von Verkaufsautomaten oder zur Einhaltung von Verbraucherschutzregeln haben, bietet unsere Kanzlei in Rheinstetten rechtliche Unterstützung. Wir beraten Sie individuell und kompetent.