Rechtsanwälte Boris Burow & Kollegen - Engagement, das gewinnt!

Künstliche Stimmen im Netz: Gericht schützt Synchronsprecher vor KI-Nachahmung

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Berlin II sorgt bei YouTubern, Kreativen und Medienmachern für Aufsehen: Wer die Stimme eines bekannten Sprechers mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) imitiert und ohne Zustimmung verwendet, kann zur Zahlung eines Lizenzhonorars verpflichtet werden. Im verhandelten Fall ging es um eine bekannte deutsche Synchronstimme – und um die Frage, ob auch KI-Generierungen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts unterliegen.

KI erzeugt Bruce-Willis-Stimme – ohne Erlaubnis

Ein YouTuber mit einer großen Fangemeinde veröffentlichte zwei satirische Clips, in denen eine künstlich erzeugte Stimme zu hören war, die der bekannten Synchronstimme von Manfred Lehmann – der deutschen Stimme von Bruce Willis – täuschend ähnlich klang. Die Videos enthielten politische Kommentare und warben für einen angeschlossenen Online-Shop.

Viele Zuschauer glaubten, es handle sich um Lehmanns tatsächliche Stimme. Die Kommentarsektion der Videos zeigte deutlich, dass dem Publikum der Unterschied nicht auffiel. Ein ausdrücklicher Hinweis auf den künstlichen Ursprung der Stimme fehlte komplett.

Als Lehmann von den Clips erfuhr, beauftragte er seinen Anwalt mit einer Abmahnung. Die Forderung: Unterlassung, Ersatz der Anwaltskosten und die Zahlung einer angemessenen Vergütung. Der Betreiber des YouTube-Kanals reagierte mit einer Unterlassungserklärung, weigerte sich aber, für die Nutzung der Stimme zu zahlen. Der Sprecher zog daraufhin vor Gericht.

Schutz des Persönlichkeitsrechts auch für KI-Stimmen

Das Landgericht Berlin II gab dem Synchronsprecher in seinem Urteil (Az. 2 O 202/24) in weiten Teilen recht. Es stellte klar, dass die Stimme – auch in synthetisch erzeugter Form – dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unterliegt. Die Nachahmung einer prominenten Stimme sei nicht zulässig, wenn sie beim Publikum den Eindruck erweckt, der Sprecher sei tatsächlich involviert oder habe der Nutzung zugestimmt.

Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Mensch oder eine Software die Stimme imitiert – entscheidend ist der Wiedererkennungswert und die Verwendung für fremde, insbesondere kommerzielle Zwecke. Das Gericht erinnerte hier auch an ältere Rechtsprechung, etwa vom Oberlandesgericht Hamburg zur Imitation prominenter Stimmen. Der Schutz greift also auch in der digitalen Ära.

Verwechslungsgefahr und kommerzieller Nutzen

Besonders schwer wog in der gerichtlichen Abwägung, dass die Stimme eingesetzt wurde, um Reichweite für die Videos und den darin beworbenen Online-Shop zu erzielen. Die satirischen Inhalte hätten, so das Gericht, nicht das Persönlichkeitsrecht des Synchronsprechers relativiert, da dieser Inhaltlich nicht Ziel der Satire war. Vielmehr sei seine Stimme als Aushängeschild genutzt worden. Da die Videos politische T-Shirts bewarben, sei auch die Gefahr gegeben gewesen, dass falsche Rückschlüsse auf die politische Gesinnung des Sprechers gezogen würden.

Fiktives Nutzungshonorar zugesprochen

Das Landgericht erkannte eine sogenannte fiktive Lizenzgebühr an – ein rechtliches Instrument, das dann greift, wenn jemand ohne vertragliche Vereinbarung den wirtschaftlichen Wert eines anderen nutzt. Für Lehmann setzte das Gericht hier pro Clip 2.000 Euro an. Ausschlaggebend war dabei vor allem dessen langjährige Erfahrung und Marktwert als Sprecher in Werbung und Medien. Zusätzlich muss der Betreiber des YouTube-Kanals auch die angefallenen Anwaltskosten zahlen.

Datenschutzrechtlich relevant

Ergänzend wies das Gericht darauf hin, dass eine KI-generierte Stimme im konkreten Fall auch als personenbezogenes Datum gelten könne. Eine Einwilligung des Betroffenen lag nicht vor. Auch datenschutzrechtlich konnte das Vorgehen also nicht gerechtfertigt werden.

Deutliches Signal an Creator in Rheinstetten und darüber hinaus

Die Entscheidung ist ein wichtiger Meilenstein für den Umgang mit künstlicher Intelligenz im Bereich von Stimme und Medienproduktion. Sie zeigt klar, dass prominente Stimmen nicht einfach reproduziert und für eigene Zwecke genutzt werden dürfen – auch nicht satirisch oder durch Software generiert. Kreative Köpfe, YouTuber oder Onlinehändler sollten sich deshalb vorab absichern und eine Einwilligung einholen, wenn sie mit wiedererkennbaren Stimmen arbeiten.

Für Sprecher, Synchronkünstler und Persönlichkeiten aus Medien und Werbung ist das Urteil eine gute Nachricht: Es stellt klar, dass ihr Recht auf die eigene Stimme auch gegenüber neuen technischen Entwicklungen wie KI gewahrt bleibt.

Fazit: KI öffnet neue kreative Möglichkeiten – aber rechtliche Grenzen sind zu beachten. Wer fremde Stimmen nutzt, riskiert hohe Zahlungen. Wer gut beraten ist, kann hier teure Fehler vermeiden.

Nach oben scrollen