Viele Verbraucher fragen sich: Muss ich mein Anliegen über das offizielle Online-Meldeformular der Plattform einreichen, wenn ich Inhalte als rechtsverletzend empfinde? Ein aktueller Beschluss des Kammergerichts (KG) Berlin bringt Klarheit. Die Antwort: Nein – entscheidend ist, dass die Plattform von der Rechtsverletzung auf nachvollziehbare Weise erfährt – unabhängig vom gewählten Kommunikationsweg.
Plattformen müssen auch auf andere Hinweise reagieren
Nach einem aktuellen Beschluss des KG Berlin (Az. 10 W 70/25 vom 25. August 2025) sind Plattformbetreiber nicht ausschließlich durch das von ihnen angebotene elektronische Verfahren nach dem Digital Services Act (DSA) über mögliche Rechtsverletzungen zu informieren. Entscheidend ist laut Gericht der Inhalt der Mitteilung und ob sie für die Plattform ausreichend präzise und verständlich formuliert ist. Damit stellt das Kammergericht klar, dass auch E-Mails, anwaltliche Schreiben oder andere Mitteilungen die notwendige Kenntnis einer möglichen Rechtsverletzung begründen können – ein wichtiges Signal für Verbraucher aus Rheinstetten und Umgebung.
Worum ging es im Fall?
Eine Frau verlangte im Eilverfahren, dass eine Online-Plattform bestimmte Inhalte entfernt, die sie als verletzend empfand. Ihre Mitteilung erfolgte nicht über das von der Plattform bereitgestellte Online-Meldeformular, sondern per Schreiben durch einen Anwalt. Das Landgericht Berlin II hatte zunächst entschieden, dass nur durch Nutzung des offiziellen Meldeverfahrens vom DSA eine hinreichende „Kenntnis“ der Plattform angenommen werden könne. Die Folge: Das Gericht lehnte den Antrag mit Verweis auf unzureichende Mitteilung ab.
Rechtliche Uneinigkeit innerhalb des Landgerichts
Interessant – selbst innerhalb des Landgerichts Berlin gab es unterschiedliche Auffassungen zu dieser Frage: Während die 27. Zivilkammer das Verfahren über das Meldeformular für zwingend hielt (Az. 27 O 262/25), hatte die 2. Zivilkammer (Az. 2 O 268/25) bereits vorher klargestellt, dass Nutzer nicht an dieses Format gebunden sind. Die Situation war also uneinheitlich – ein Umstand, der eine Entscheidung des Kammergerichts notwendig machte.
Kammergericht: Form der Mitteilung ist nicht entscheidend
Im Mittelpunkt der Entscheidung des Kammergerichts steht die Auslegung des Artikel 16 der EU-Verordnung DSA. Danach müssen Plattformen zwar ein standardisiertes Meldeverfahren anbieten. Nutzer sind jedoch ausdrücklich nicht verpflichtet, dieses Verfahren zu wählen. Der Grundgedanke des Gesetzgebers liegt im Verbraucher- und Nutzerschutz: Betroffene sollen schnell und unbürokratisch Rechtsverstöße melden können.
Das KG Berlin betont daher: Der Gesetzgeber gibt mit Artikel 16 Abs. 1 DSA lediglich Mindestvorgaben für die Plattformen vor. Wenn ein Hinweis alle erforderlichen Merkmale enthält – also etwa Angaben zum Inhalt, zur Fundstelle, zur eigenen Identität und eine glaubhafte Begründung – dann ist er auch ohne das Meldeformular gültig.
Verbraucherfreundliche Auslegung – Rechtsschutz darf nicht an Formalitäten scheitern
Das Gericht hob deutlich hervor, dass es mit europäischem Recht nicht vereinbar sei, wenn Verbraucher durch technische Anforderungen am Zugang zum Rechtsschutz gehindert würden. Gerade der DSA als Verordnung zum Schutz der Nutzerrechte dürfe nicht so ausgelegt werden, dass er für Verbraucher unnötige Hürden schafft. Stattdessen kommt es darauf an, dass die Mitteilung sachlich richtig, vollständig und verständlich ist – unabhängig davon, ob sie über ein Formular, eine E-Mail oder ein Schreiben erfolgt.
Was bedeutet das für Betroffene in Rheinstetten und Umgebung?
Für betroffene Verbraucher bringt dieser Beschluss mehr Rechtssicherheit: Wer einen Rechtsverstoß meldet, ist nicht an die Form des DSA-Meldeportals gebunden. Wichtig ist nur, dass die Mitteilung alle Informationen enthält, damit die Plattform nachvollziehen kann, worum es geht. Das betrifft insbesondere den Link oder Standort des betreffenden Inhalts, Kontaktangaben des Hinweisgebers und eine schlüssige Begründung.
Tipp für Verbraucher: Auch wenn kein Formular genutzt wird – die Hinweise sollten dennoch möglichst genau und rechtlich nachvollziehbar sein. So erhöht sich die Chance auf eine zügige und wirksame Reaktion der Plattform.
Was heißt das für Plattformbetreiber?
Plattformen müssen zukünftig damit rechnen, auch aus anderen Kommunikationskanälen – etwa per E-Mail oder anwaltlichem Schreiben – wirksam auf mögliche Rechtsverletzungen hingewiesen zu werden. Diese Hinweise dürfen nicht ignoriert werden, wenn sie inhaltlich präzise sind. Dennoch bleibt das Meldeformular weiterhin relevant, da nur bei diesem eine gesetzliche Vermutung für die Kenntnisnahme durch den Betreiber besteht.
Fazit
Der Beschluss des Kammergerichts ist ein wichtiger Schritt im Sinne des Verbraucherschutzes. Er stellt klar, dass der Zugang zum Rechtsschutz nicht durch technische Formalitäten wie bestimmte Meldeformulare versperrt werden darf. Wer sich gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte auf Online-Plattformen wehren will, kann dies auch über alternative Kontaktwege tun – solange die Mitteilung ausreichend konkret ist. Verbraucher aus Rheinstetten profitieren so von mehr Flexibilität bei der Durchsetzung ihrer Rechte.