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Pflanzliche Fleischalternativen vor dem Aus? – EU-Parlament plant Verbot bekannter Begriffe

Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“ oder „Soja-Schnitzel“ kennt man aus dem Supermarkt. Doch genau diese weltweit etablierten Begriffe für pflanzliche Lebensmittel geraten nun ins Visier des Gesetzgebers. Eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Parlaments sorgt für große Verunsicherung bei Herstellern, Verbrauchern und Juristen gleichermaßen – denn eine Gesetzesänderung könnte weitreichende Konsequenzen für die Zukunft pflanzlicher Ernährung mit sich bringen.

EU-Parlament spricht sich gegen Fleischbegriffe für pflanzliche Produkte aus

Am 7. Oktober 2025 setzte das Europäische Parlament ein umstrittenes Signal: Mit 355 Ja-Stimmen gegenüber 247 Gegenstimmen und 30 Enthaltungen sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten dafür aus, traditionelle Fleischbegriffe für pflanzliche Alternativen zu verbieten. Begriffe wie „Veggie-Wurst“, „Tofu-Burger“ oder „pflanzliches Schnitzel“ könnten damit bald aus den Regalen verschwinden. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen.

Denn das Parlament hat bislang lediglich seine Position formuliert. Damit ein entsprechendes Gesetz tatsächlich wirksam wird, müssen auch die EU-Mitgliedstaaten einstimmig zustimmen. In den bevorstehenden Verhandlungen mit dem Ministerrat besteht daher die Chance, das geplante Verbot zu verhindern oder in abgeschwächter Form umzusetzen.

Verbrauchertäuschung als Argument – Ist das wirklich stichhaltig?

Die Befürworter des Verbots – allen voran konservative Abgeordnete wie Céline Imart aus Frankreich – begründen ihr Vorhaben mit dem angeblichen Schutz der Verbraucher. Begriffe wie „Soja-Schnitzel“ könnten aus ihrer Sicht irreführend sein, da die Nährwerte stark von denen tierischer Produkte abweichen.

Diese Argumentation hält juristischer Prüfung jedoch nicht stand: Das europäische Lebensmittelrecht schreibt eine klare Kennzeichnung pflanzlicher Alternativen bereits heute verbindlich vor. Begriffe wie „vegan“, „pflanzlich“ oder „vegetarisch“ sind auf der Verpackung Pflicht. Eine bewusste Täuschung der Kunden ist somit kaum möglich – das hat auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 4. Oktober 2024 (Rechtssache C-438/23) ausdrücklich festgestellt.

Erfahrung aus der Praxis zeigt ebenfalls: Die Hersteller achten sehr sorgfältig auf Transparenz, nutzen klare Begriffe und vermeiden irreführende Aufmachung. In der anwaltlichen Beratungspraxis zeigt sich regelmäßig, dass Verbraucher genau wissen, was sie kaufen: pflanzliche Alternativen – keine Fleischprodukte.

Geplantes Zusatzverbot: 29 weitere Begriffe auf der Streichliste

Neben dem Parlamentsbeschluss sorgt ein weiterer Vorstoß für Aufsehen: Die EU-Kommission prüft derzeit – auf Initiative unter anderem aus Tschechien, Ungarn und Italien – ein noch weitreichenderes Verbot. Ganze 29 Fleischbegriffe sollen künftig für pflanzliche Produkte untersagt werden. Betroffen wären unter anderem „Rind“, „Schweinefleisch“, „Hähnchen“, „Speck“, „Kotelett“ oder „Filet“. Auch Formulierungen wie „100 % pflanzliches Filet Huhn-Art“ oder „vegane Bratwurst nach Thüringer Art“ wären dann verboten.

Ein derart weitreichendes Verbot würde aus Sicht vieler Experten und Verbraucher nicht zu mehr, sondern zu weniger Klarheit führen. Schließlich dienen Begriffe wie „pflanzliches Schnitzel“ als Orientierungshilfe – sie machen den Einsatz und Geschmack des Produkts direkt verständlich. Eine grobe Unterschätzung der Verbraucherkompetenz steht hier im Raum.

Verbraucher wollen Klarheit – und haben sie längst

Eine Studie des Europäischen Verbraucherverbandes (BEUC) zeigt: Rund 80 % der EU-Bürger unterstützen die Verwendung klassischer Fleischbegriffe – vorausgesetzt, sie sind klar als pflanzlich gekennzeichnet. Und das ist in der Praxis bereits Realität. Vielmehr offenbart die aktuelle Diskussion das Bestreben, den Markt zugunsten der traditionellen Fleischindustrie abzuschotten – zulasten von Innovation, Wettbewerb und Nachhaltigkeit.

Gerade Deutschland zählt mittlerweile zu den führenden Märkten für pflanzliche Ersatzprodukte. Allein 2024 verzeichnete die Branche hier über 120.000 Tonnen Produktionsvolumen. Ein Verbot gängiger Begriffe würde diesen zukunftsweisenden Markt erheblich bremsen – mit negativen Folgen für Hersteller, Verbraucher und die Umwelt.

Ein Blick zurück: Was wir aus dem „Käse-Urteil“ lernen können

Verbotene Begriffe bei pflanzlichen Lebensmitteln sind kein neues Phänomen. Schon vor Jahrzehnten wurden etwa Milch- und Käsebezeichnungen gesetzlich geschützt. Nach der EU-Milchverordnung dürfen Begriffe wie „Milch“, „Butter“ oder „Käse“ ausschließlich für Produkte tierischen Ursprungs verwendet werden.

Ein richtungsweisendes Urteil dazu fällte der Europäische Gerichtshof im Tofutown-Verfahren (EuGH, C-422/16): Selbst Hinweise wie „vegan“ oder „auf pflanzlicher Basis“ genügen demnach nicht, um geschützte Begriffe zu verwenden. Noch deutlich günstiger jedoch war die Judikatur zur Formulierung „Käse-Alternative“. Das Landgericht Stade (Urt. v. 28.03.2019, Az. 8 O 64/18) sowie das Oberlandesgericht Celle (Beschl. v. 06.08.2019, Az. 13 U 35/19) erkannten diese Formulierung als zulässig an – weil dem Verbraucher klar sei, dass es sich eben nicht um echten Käse handelt.

Diese Urteile zeigen: Eine differenzierte, aber kundenfreundliche Kennzeichnung ist möglich. Verbote hingegen drohen, sinnvolle Bezeichnungen aus dem Alltag zu verbannen – zum Nachteil der Verbraucherinformation.

Pflanzliche Ernährung: Gesundheitlich und ökologisch sinnvoll

Auch mit Blick auf Gesundheits- und Klimaschutz ist das geplante Verbot kontraproduktiv. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt inzwischen klar eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung – aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen. Pflanzliche Alternativen verbrauchen weniger Ressourcen, schonen Umwelt, Trinkwasser und Böden und vermeiden klimaschädliche Emissionen durch die Massentierhaltung. Wer sich bewusst für pflanzliche Produkte entscheidet, sollte diese auch als solche erkennen können – am besten über bekannte Begriffe, die sich in Sprache und Alltag längst etabliert haben.

Rechtliche Risiken für Hersteller nehmen zu

Für Hersteller pflanzlicher Lebensmittel stellen die Pläne der EU eine ernsthafte Herausforderung dar. Bereits geringe Unklarheiten in der Bezeichnung können Abmahnungen oder gerichtliche Verfahren auslösen – mit teils gravierenden wirtschaftlichen Folgen. Produktnamen müssten überarbeitet, Verpackungen neu gestaltet werden, Vertriebswege könnten blockiert sein.

Wenn Sie als Hersteller in Rheinstetten oder Umgebung aktiv sind und rechtliche Beratung rund um die Kennzeichnung Ihrer Produkte benötigen, empfehlen wir frühzeitig eine juristische Prüfung. Je präziser und transparenter die Produktbezeichnung – im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung –, desto sicherer ist Ihre Marktposition.

Fazit: Rechtssicherheit bewahren – Klarheit für Verbraucher erhalten

Die Diskussion zeigt: Was als „Verbraucherschutz“ verkauft wird, kann in Wahrheit die freie unternehmerische Entwicklung und eine bewusste Ernährung behindern. Ein transparentes und modernes Lebensmittelrecht sollte Innovation ermöglichen – nicht einschränken. Eindeutige Begriffe wie „Veggie-Wurst“ oder „Tofu-Schnitzel“ haben sich bewährt, sie schaffen Orientierung und Vertrauen.

Verbraucher brauchen keine Sprachzensur, sondern ehrliche Kennzeichnung und Wahlfreiheit. Hersteller benötigen verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen. Wir stehen Ihnen in allen Fragen rund um Lebensmittelkennzeichnung, Wettbewerbsrecht und Markenrecht mit Expertise zur Seite – direkt hier in Rheinstetten.

Vertrauen Sie auf unser Know-how für eine moderne, rechtssichere und verbraucherfreundliche Produktkommunikation.

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