Immer mehr Gerichte stellen sich schützend vor Bürgerinnen und Bürger, wenn es um den Umgang mit sensiblen Daten durch die SCHUFA geht. Jüngst hat das Landgericht Bayreuth ein aufsehenerregendes Urteil gesprochen, das die Auskunftei zu mehr Transparenz verpflichtet – und einer Verbraucherin Schadensersatz zuspricht. Was das bedeutet und welche Rechte Verbraucher nun geltend machen können, erklärt der folgende Beitrag.
1. LG Bayreuth: SCHUFA muss Score offengelegt – 3.000 Euro Schadensersatz
Das Landgericht Bayreuth hat entschieden: Die SCHUFA darf nicht mehr im Verborgenen agieren, wenn es um die Berechnung von Bonitätsscores geht. Hintergrund war die Klage einer Verbraucherin, die wegen eines unbekannten SCHUFA-Scores mehrfach Kreditabsagen erhielt. Die Frau hatte keinerlei Einsicht, wie ihr Score zustande kam oder welche Daten verwendet wurden.
Das Gericht verpflichtete die SCHUFA, detailliert offenzulegen, mit welchen Informationen und Gewichtungen der Score erstellt wurde – und erkannte der Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 3.000 Euro zu. Eine eindeutige Stärkung der Verbraucherrechte und ein Warnsignal an Unternehmen, die sich auf intransparente Algorithmen verlassen.
2. Automatisierte Entscheidungsfindung ohne Kontrolle ist unzulässig
Besonders kritisch: Die Bewertung der Kreditwürdigkeit erfolgte bei der SCHUFA rein automatisiert. Das LG Bayreuth sah darin eine unzulässige Praxis nach Artikel 22 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Automatisierte Entscheidungen mit einer solch großen Auswirkung auf das wirtschaftliche Leben bedürfen entweder der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Person – oder müssen durch weitere Schutzmaßnahmen flankiert werden. Beides sei nicht erfolgt.
Zudem war die SCHUFA ihrer Informationspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Damit verletzte sie zusätzlich den Grundsatz der fairen und transparenten Datenverarbeitung.
3. EuGH und weitere Gerichte: Klare Linie für mehr Verbraucherschutz
Auch auf europäischer Ebene wurde die Datenschutzpraxis der SCHUFA bereits unter die Lupe genommen. Am 7. Dezember 2023 entschied der Europäische Gerichtshof (Rechtssache C-634/21), dass der SCHUFA-Score unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich eine automatisierte Entscheidung im Sinne von Art. 22 DSGVO darstellt – etwa wenn Unternehmen Vertragsabschlüsse maßgeblich davon abhängig machen.
Ein weiteres EuGH-Urteil vom 27. Februar 2025 (Rechtssache C-203/22) ging noch einen Schritt weiter: Die Richter forderten, dass Verbraucher umfassend Auskunft über die verwendeten Daten sowie über die Berechnungslogik des Score-Werts erhalten müssen. Pauschale Hinweise oder der Verweis auf Geschäftsgeheimnisse der SCHUFA seien nicht ausreichend.
Das Landgericht Bamberg griff diese Entscheidung im März 2025 auf: Auch hier wurde eine automatisierte Bonitätsbewertung durch die SCHUFA als rechtswidrig eingestuft – ohne menschliche Prüfung sei ein DSGVO-konformer Umgang mit personenbezogenen Daten nicht gewährleistet. Der betroffene Verbraucher erhielt 1.000 Euro Schadensersatz.
4. Speicherung bezahlter SCHUFA-Einträge: Gerichte fordern sofortige Löschung
Neben der Intransparenz bei der Score-Berechnung rückt zunehmend auch ein weiteres Thema in den Fokus: die übermäßige Speicherung erledigter Forderungen. Schon lange speichert die SCHUFA bezahlte Schulden für bis zu drei Jahre – das wurde nun ebenfalls gerichtlich untersagt.
So entschied das Oberlandesgericht Köln am 10. April 2025 (Az. 15 U 249/24), dass beglichene Forderungen unverzüglich gelöscht werden müssen. Die andauernde Speicherung führe zu ungerechtfertigten Nachteilen bei Bank- und Vertragsverhandlungen. Das OLG argumentierte, dass auch bei staatlichen Registern wie dem Schuldenverzeichnis die Einträge nach Zahlung gelöscht werden – dies müsse ebenso für Auskunfteien gelten. Die SCHUFA hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt.
Auch das Landgericht Aachen bestätigte wenige Wochen später diese Sichtweise. Das Gericht kritisierte die Praxis der Speicherung bezahlter Einträge als Verstoß gegen Artikel 17 DSGVO (Recht auf Löschung) und sprach dem Kläger – neben dem Anspruch auf Löschung – auch Erstattung seiner Anwaltskosten zu.
5. Ihre Rechte rund um SCHUFA und Datenschutz
Die beschriebenen Entscheidungen zeigen eine klare Entwicklung: Gerichte auf nationaler und europäischer Ebene stellen sich konsequent auf die Seite der Verbraucher. Kritisiert werden insbesondere:
– Intransparente Score-Berechnungen,
– automatisierte Entscheidungen ohne menschliche Kontrollinstanz,
– mangelnde Auskunft über gespeicherte Daten,
– sowie das Festhalten an längst erledigten Forderungen.
Wenn auch Sie unsicher sind, ob Ihre SCHUFA-Auskunft rechtskonform verarbeitet wird, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Als betroffene Person haben Sie ein Recht auf Auskunft, transparente Informationen, eine menschliche Entscheidung und, wenn erforderlich, auf die Löschung unzulässig gespeicherter Daten sowie auf Schadensersatz.
Gerne prüfen wir Ihren konkreten Fall als Kanzlei aus Rheinstetten und unterstützen Sie kompetent dabei, Ihre Rechte gegenüber der SCHUFA durchzusetzen. Nutzen Sie die aktuellen Entwicklungen zu Ihrem Vorteil – denn Datenschutz ist kein Privileg, sondern ein durchsetzbares Grundrecht.