Das Europäische Parlament will Begriffe wie „Veggie-Wurst“ oder „Soja-Schnitzel“ verbieten – ein Vorstoß, der bei Verbraucherschutzverbänden, Herstellern und vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern für Unverständnis sorgt. Die Begründung: Verbraucher könnten durch diese Begriffe irritiert werden. Doch was steckt wirklich hinter dem geplanten Gesetz? Und was bedeutet das für Produzenten und Konsumenten pflanzlicher Lebensmittel – gerade hier vor Ort in Rheinstetten? Dieser Beitrag liefert einen verständlichen und fachlich fundierten Überblick.
1. Der aktuelle Stand: EU-Parlament gegen „pflanzliches Schnitzel“
Am 7. Oktober 2025 sprach sich eine Mehrheit des Europaparlaments dafür aus, klassische Fleischbegriffe für pflanzliche Alternativen zu verbieten. Begriffe wie „Tofu-Wurst“, „Veggie-Burger“ oder „pflanzlicher Leberkäse“ wären dann nicht mehr erlaubt. Die Begründung: Eine angebliche Verbraucher-Täuschung durch irreführende Benennungen.
Doch ganz so weit ist es noch nicht. Die Entscheidung des Parlaments ist lediglich ein Zwischenschritt. Für ein endgültiges Verbot müssen auch die EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. In der Abstimmung lehnten immerhin 247 Parlamentarier die Gesetzesänderung ab, 30 enthielten sich. Die Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat stehen noch bevor – Hoffnung auf Änderungen besteht also weiterhin.
In der deutschen Bundesregierung ist man sich bislang uneins. Während Kanzler Merz und Landwirtschaftsminister Rainer die Idee unterstützen, sprechen sich viele deutsche EU-Abgeordnete dagegen aus – auch innerhalb konservativer Fraktionen.
2. Verbraucherschutz oder Verkaufsverbot? Die Argumente der Befürworter
Die Befürworter des Verbots argumentieren, Begriffe wie „Soja-Steak“ könnten Verbraucher in die Irre führen – etwa hinsichtlich Nährwerten oder Herkunft. Doch juristisch ist diese Befürchtung kaum haltbar: Schon jetzt verpflichtet das Lebensmittelrecht zur klaren Kennzeichnung. Produkte müssen als „vegan“ oder „vegetarisch“ deklariert sein – eine Irreführung ist damit faktisch ausgeschlossen.
Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte 2024, dass die derzeitige Praxis in Sachen Verbraucherschutz ausreicht. Die EU-Kommission schloss sich der Sichtweise an. Ein Verbot würde demnach nicht dem Verbraucherschutz dienen, sondern hauptsächlich der Marktabschottung gegenüber innovativen pflanzlichen Alternativen.
3. Weitergehende Pläne der EU-Kommission: 29 weitere Begriffe vor dem Aus?
Parallel zur Parlamentsentscheidung erarbeitet die EU-Kommission – getrieben von mehreren osteuropäischen Ländern und Italien – ein noch schärferes Vorhaben. Ein Entwurf vom Juli 2025 listet 29 Begriffe auf, die künftig für pflanzliche Produkte verboten sein sollen. Beispielsweise „Rind“, „Kotelett“, „Speck“, „Brust“ oder „Schulter“ – selbst dann, wenn sie ergänzt werden mit Zusätzen wie „100 % pflanzlich“ oder „Alternative aus Erbsenprotein“.
Diese Begriffe sind jedoch keine Täuschung, sondern dienen der Orientierung. Wer einen „veganen Bacon“ kauft, erwartet kein Schweineprodukt, sondern einen ähnlichen Geschmack und eine vergleichbare Verwendungsmöglichkeit. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind durchaus in der Lage, zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten zu unterscheiden – das zeigt auch eine Umfrage des Europäischen Verbraucherverbandes (BEUC): Rund 80 % der Europäer finden es in Ordnung, wenn pflanzliche Produkte mit traditionellen Fleischbegriffen beworben werden, sofern die Kennzeichnung transparent ist.
4. Rechtlicher Hintergrund: Was wir aus der Käse-Debatte lernen können
Die Diskussion erinnert an eine ältere juristische Auseinandersetzung rund um pflanzlichen „Käse“. Nach der sogenannten Milchverordnung auf EU-Ebene dürfen Bezeichnungen wie „Milch“, „Butter“ oder „Käse“ ausschließlich für Erzeugnisse tierischen Ursprungs verwendet werden. Hintergrund war einst der Schutz vor echten Täuschungen – etwa beim Verkauf gepanschter Milch.
Das bekannt gewordene Tofutown-Verfahren aus dem Jahr 2017 bestätigte die strengen Auslegungen. Der Europäische Gerichtshof untersagte Begriffe wie „Tofu-Butter“, selbst wenn die Produkte klar als „vegan“ deklariert waren. Andererseits existieren auch positive Urteile zugunsten pflanzlicher Produzenten: So urteilte das Landgericht Stade 2019, dass Formulierungen wie „Käse-Alternative“ zulässig sind – das Oberlandesgericht Celle bestätigte diese Entscheidung. Wichtig: Der Begriff „Alternative“ macht deutlich, dass kein echtes tierisches Produkt gemeint ist.
5. Verbraucherinteresse an pflanzlicher Klarheit
Ein modernes Lebensmittelrecht sollte sich an den Bedürfnissen der Verbraucher orientieren – und an den Herausforderungen unserer Zeit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt inzwischen ganz offiziell eine überwiegend pflanzliche Ernährung: gesünder, ressourcenschonender und nachhaltiger.
Produkte wie „vegane Wurst“ oder „pflanzliches Steak“ helfen dabei, eine gesunde Ernährung alltagstauglich zu gestalten – gerade für Menschen, die auf tierische Produkte verzichten, aber dennoch nicht auf vertraute Geschmackserlebnisse verzichten möchten. Statt Verbrauchertäuschung geht es also um Verbraucherfreundlichkeit.
6. Bedeutung für Hersteller in Rheinstetten und Umgebung
Für Produzenten pflanzlicher Lebensmittel ist die Situation heikel. Bereits kleine Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften können rechtliche Folgen nach sich ziehen – von teuren Abmahnungen bis zur Neugestaltung ganzer Produktlinien. Dabei entstehen nicht nur Kosten, sondern auch Wettbewerbsnachteile.
Als Verbraucher oder Hersteller in Rheinstetten ist es daher wichtig, frühzeitig Klarheit zu haben – sei es bei der Erstellung von Produktetiketten, der Vermarktung oder bei drohenden rechtlichen Auseinandersetzungen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte seine Produkte juristisch überprüfen lassen.
Fazit:
Die geplanten EU-Vorgaben sind hoch umstritten – und könnten bei Umsetzung große Auswirkungen auf Hersteller pflanzlicher Lebensmittel haben. Doch rechtlich und gesellschaftlich bestehen gute Argumente gegen ein solches Verbot. Klar ist: Verbraucher benötigen Orientierung, aber keine künstliche Sprachpolizei. Statt neue Hürden aufzubauen, sollte das Recht Transparenz ermöglichen – zum Wohle von Umwelt, Gesundheit und fairen Marktbedingungen.
Wenn Sie als Hersteller oder Händler von pflanzlichen Produkten in Rheinstetten betroffen sind oder rechtlichen Rat benötigen, beraten wir Sie gerne. Wir helfen Ihnen bei Fragen zur richtigen Kennzeichnung, zur Abwehr von Abmahnungen oder zur rechtssicheren Produktvermarktung.
Ihr Ansprechpartner rund ums Lebensmittelrecht – direkt vor Ort.