Darf ein soziales Netzwerk verpflichtet werden, öffentlich zugängliche Plattformdaten zu wissenschaftlichen Zwecken herauszugeben? Dieser Frage widmete sich das Landgericht Berlin II in einem richtungsweisenden Urteil. Auch wenn die Forscher die gewünschten Informationen nicht erhalten, bietet das Urteil dennoch einen bedeutenden Fortschritt – insbesondere für weitere datenschutzrechtliche Verfahren in Europa.
Hintergrund des Rechtsstreits
Im Zuge einer wissenschaftlichen Untersuchung wollte die zivilgesellschaftliche Organisation Democracy Reporting International (DRI), mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), herausfinden, ob und wie Inhalte auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) die Bundestagswahl beeinflusst haben könnten. Dafür benötigten sie Zugriff auf öffentlich sichtbare Daten wie Reichweiten, Likes und geteilte Beiträge politischer Inhalte.
Allerdings verweigerte X den Zugang zu diesen Daten. Die Forscherinnen und Forscher sahen darin eine erhebliche Einschränkung ihrer wissenschaftlichen Arbeit und entschieden sich, rechtliche Schritte einzuleiten. Sie beriefen sich dabei auf den Digital Services Act (DSA), der großen Plattformen unter anderem vorschreibt, geprüften Forschungseinrichtungen Zugang zu öffentlich einsehbaren Daten zu gewähren.
Einstweilige Verfügung zunächst erlassen – dann gekippt
Im Februar 2025 beantragten DRI und GFF beim Landgericht Berlin II eine einstweilige Verfügung, um den Datenzugang kurzfristig durchzusetzen. Das Gericht gab dem Antrag zunächst statt und verpflichtete die Plattform X zur Herausgabe der Daten – zunächst ohne mündliche Verhandlung und auf Basis einer groben Prüfung.
Doch das Unternehmen X legte Widerspruch ein. In der Hauptverhandlung im Mai 2025 nahm das Gericht dann eine umfassendere Prüfung vor. Das Ergebnis: Die einstweilige Verfügung wurde aufgehoben. Begründung: Die Forscher hätten nicht schnell genug reagiert – das Verfahren sei nicht dringlich genug für einen Eilrechtsschutz gewesen.
Wichtige Entscheidung zur internationalen Zuständigkeit
Trotz dieses Rückschlags gibt es für die Forscher einen beachtlichen Teilerfolg: Die Plattform hatte argumentiert, dass rechtliche Schritte nur am europäischen Hauptsitz in Irland möglich seien. Diese Auffassung wies das Landgericht Berlin jedoch deutlich zurück. Stattdessen stellte es klar, dass Forschungseinrichtungen den Auskunftsanspruch nach Artikel 40 Absatz 12 des Digital Services Act auch im eigenen EU-Mitgliedsstaat geltend machen dürfen – in diesem Fall also vor einem deutschen Gericht.
Dies ist insbesondere für Forschungseinrichtungen innerhalb der EU von Bedeutung, da eine Klage im Ausland hohe zeitliche, finanzielle und rechtliche Hürden mit sich bringen kann.
Wie geht es weiter?
Das Urteil des LG Berlin ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats kann Berufung beim Kammergericht Berlin eingelegt werden. Ob es zu einer endgültigen Entscheidung kommt – und wie diese aussehen wird – bleibt abzuwarten.
Fazit: Bedeutung für künftige Forschung und Datenschutz
Obwohl der Eilantrag auf Datenherausgabe abgelehnt wurde, hat das Landgericht Berlin doch ein wichtiges Signal für zukünftige Verfahren und die Rechte von Forschungseinrichtungen im digitalen Raum gesetzt. Gerade die Klärung der gerichtlichen Zuständigkeit stärkt die Position wissenschaftlicher Initiativen und öffnet den Weg für eine verbesserte rechtliche Durchsetzung des DSA auch in Deutschland.
Unterstützung bei Fragen zum Datenschutz und Plattformrecht
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