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Wahlrecht von Führungskräften in Matrix-Organisationen – Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Immer mehr Unternehmen arbeiten mit komplexen Organisationsmodellen wie der Matrix-Struktur, bei der Mitarbeitende und Vorgesetzte nicht strikt nur einem Betrieb zugeordnet sind. Dies führt zu wichtigen arbeitsrechtlichen Fragen – so zum Beispiel: Dürfen Führungskräfte aus einer Matrix-Organisation an mehreren Betriebsratswahlen teilnehmen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich nun mit genau dieser Frage beschäftigt und eine wegweisende Entscheidung getroffen.

1. Hintergrund des Falls
Ein IT-Unternehmen mit mehreren Standorten hatte im Zuge einer Gesamtbetriebsvereinbarung eigenständige Organisationseinheiten geschaffen – etwa den Betrieb „Region Süd“. Trotz dieser abweichenden Struktur wurden die Beschäftigten bereichsübergreifend in Teams eingesetzt, die von sogenannten Matrix-Führungskräften geleitet wurden. Diese Führungspersonen hatten dabei keine klassische Leitungsfunktion im juristischen Sinn, waren jedoch Vorgesetzte ihrer Teammitglieder.

Im Jahr 2022 wurde im Betrieb Region Süd eine Betriebsratswahl durchgeführt. Der Wahlvorstand betrachtete auch die Matrix-Führungskräfte, die fachlich für die dort beschäftigten Arbeitnehmer zuständig waren, als wahlberechtigt. Die Arbeitgeberin focht dieses Vorgehen an.

2. Das arbeitsrechtliche Problem
Kern des Streits war die Frage, ob Arbeitnehmer – in diesem Fall Matrix-Führungskräfte – zur Wahl berechtigt sind, wenn sie mehreren Betriebseinheiten angehören oder nicht klar einem bestimmten Betrieb zugeordnet werden können. Die Vorinstanzen, unter anderem das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, entschieden noch zugunsten der Arbeitgeberin: Eine doppelte Wahlberechtigung sei unzulässig, da diese Führungskräfte einem anderen Betrieb zugeordnet gewesen seien.

3. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht stellte in seinem Beschluss vom 22. Mai 2025 (Az.: 7 ABR 28/24) klar: Eine doppelte Wahlberechtigung ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 7 BetrVG) grundsätzlich möglich. Wahlberechtigt sind demnach alle Arbeitnehmer, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und in einem Betrieb eingegliedert sind – unabhängig davon, ob sie noch in einem weiteren Betrieb tätig sind.

Damit betont das Gericht, dass nicht die formale Zuweisung zu einem Betrieb allein entscheidend ist, sondern die tatsächliche Eingliederung in die Arbeitsabläufe des jeweiligen Betriebs. Im konkreten Fall muss nun das Landesarbeitsgericht prüfen, ob eine solche doppelte Eingliederung wirklich vorgelegen hat und wie die maßgebliche Gesamtbetriebsvereinbarung dies beeinflusst.

4. Bedeutung für Betriebe mit Matrix-Strukturen
Diese Entscheidung kann erhebliche praktische Auswirkungen auf Unternehmen mit modernen, komplexen Organisationsformen haben, etwa in der IT- oder Beratungsbranche. Gerade in Matrix-Strukturen arbeiten Beschäftigte oft bereichsübergreifend, was ihre betriebliche Zuordnung erschwert.

Für Betriebsräte und Wahlvorstände bedeutet das: Die konkrete Arbeitsweise und Eingliederung der Beschäftigten ist entscheidend für das Wahlrecht – nicht allein der im Organigramm dokumentierte Betrieb. Unternehmen sind gut beraten, schon vor der Wahl zu prüfen, wie die tatsächlichen Einsatzbereiche der Mitarbeitenden rechtlich zu bewerten sind.

5. Unser Rat für Betriebe in Rheinstetten und Umgebung
Ein klar strukturiertes Wahlverfahren ist ein entscheidender Faktor für rechtsgültige Betriebsratswahlen. Bei Unsicherheiten zur Wahlberechtigung – insbesondere in modernen Arbeitsstrukturen – empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Klärung. So lassen sich Anfechtungen vermeiden und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sichern.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie gerne bei allen Fragen rund um Betriebsratswahlen, die rechtliche Prüfung interner Versetzungen, die Bewertung von Gesamtbetriebsvereinbarungen sowie die Anfechtung oder Verteidigung von Wahlentscheidungen.

Wenn Sie als Betriebsrat oder Arbeitnehmer Fragen zu Ihrer Wahlberechtigung oder zur betriebsverfassungsrechtlichen Struktur Ihres Unternehmens haben, beraten wir Sie gerne individuell und kompetent – direkt hier in Rheinstetten oder bundesweit.

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